Absurde Zölle – oder freier Handel wie einst?
28.10.2020
Manuel Heyden Mitgründer und CEO von nextmarkets / Foto: © nextmarkets
Trumps Steuersenkung half deutschen Maschinenbauern
Doch machen wir uns nichts vor. Für jeden US-Präsidenten würde „America first“ sein. Trump hat dies nur besonders herausgestellt und würde dies fortsetzen. Bei seinem Sieg könnten Autozölle, die sich vor allem gegen Deutschland richten, wieder auf die Tagesordnung kommen. Doch auch das Programm der Demokraten ist stark protektionistisch geprägt“, bringt das IW in Erinnerung; zumal Biden massiv „Buy-American-Regeln“ unterstützt, also Vorgaben zum Kauf von in den USA hergestellten Gütern.
Sicher erscheint nur: Die Art und Weise des Umgangs wird ein anderer – und es wird auch nicht schlechter. „Mit seinem unberechenbaren Stil und dem Rückzug aus internationalen Abkommen hat Trump weltweit in der Wirtschaft für viel Unsicherheit gesorgt“, bilanzierte BDI-Präsident Dieter Kempf gerade. „Statt einer chaotischen US-Politik mit Zollspiralen und Abschottung“ benötigten Firmen Planungssicherheit und klare Rahmenbedingungen. Doch ist das vielleicht nur das Pflichtstatement eines Funktionärs? Laut einer Umfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer rechneten zu Jahresbeginn 96 Prozent von 177 US-Töchtern deutscher Unternehmen damit, dass ihr Geschäft in den USA 2020 wächst. Corona hat ihnen dabei sicher einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber bis auf die angesprochenen Ausnahmen offenbar nicht Trumps Zoll- und Handelspolitik. Im Gegenteil: Trumps Steuerreform hat gerade die Investitionsbereitschaft der US-Firmen erhöht – wovon naturgemäß Maschinenbauer profitieren. So stieg der Export deutscher Maschinen in die USA von 2016 und 2019 um fast 20 Prozent.
Wenn ich also ein Portfolio nur unter dem Gesichtspunkt der Wahl zusammenstellen würde, würde ich eher nach dem Ausschlussprinzip vorgehen: Bei einem Trump-Sieg also keine deutschen Autobauer, Stahl- und Aluminiumhersteller und Firmen, die an Nord Stream 2 beteiligt sind. Bei einer Biden-Präsidentschaft dürften sich deren Rahmenbedingungen wiederum verbessern, darunter auch Airbus, mit Ausnahme vielleicht der Maschinenbauer. Deutsche und europäische Aktien, die von einem Trump-Sieg ausgesprochen profitieren würden, sehe ich nicht – der Effekt für Maschinenbauer ist nun auch vorbei. Anders sieht dies mit US-Aktien aus, wo man klare und auch schärfer getrennte Portfolios aufstellen könnte.
Zum einen könnte ein Trump-Portfolio durch Aktien der Rüstungsindustrie übergewichtet sein. Die Republikaner budgetieren historisch gesehen nicht nur deutlich mehr für Rüstungsausgaben. Trump lässt auch kaum einen Moment aus, nicht mit der Waffenlobby zu liebäugeln. Unternehmen wie Raytheon und Boing gehören also tendenziell eher in ein Trump-Portfolio. Zudem könnten alteingesessene US-Unternehmen wie Caterpillar oder GE profitieren, sowie andere US-Unternehmen, die Trump gerne in öffentlichen Vorträgen und Tweets erwähnt.
Was im Trump-Portfolio Rüstungsunternehmen sind, sind im Biden-Portfolio Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien. Also Entwickler von Windparks oder Solaranlagen wie First Solar Inc. Oder Brookfield Reneable Partners LP.
Wer auch immer von den beiden die Wahl gewinnen mag, es dürfte mit erheblicher Marktvolatilität gerechnet werden. Daher ist es unausweichlich, sein Portfolio im Hinblick auf das Risiko zu bewerten und gegebenenfalls Absicherungsstrategien zu fahren.
Kolumne von Manuel Heyden (M. Sc. , Jahrgang 1980), Mitgründer und CEO von nextmarkets, Europas gebührenfreiem Neobroker aus Köln. Als CEO steht er Büros in Köln, Lissabon und Malta mit aktuell 35 Mitarbeitern vor. nextmarkets wird von führenden Wagniskapitalgebern wie Peter Thiel, Founders Fund, Christian Angermayer, Axel Springer, Falk Strascheg und der börsennotierten FinLab AG unterstützt. Neben einem der größten Angebote auf dem Markt und innovativen Finanzprodukten wie Fractional Trading oder dem eigens entwickelten Geldmarktprodukt, zeichnet nextmarkets der klare Fokus auf Börsenwissensvermittlung durch kostenlose Coaches aus.