Zwei Jahrzehnte aktuellste Versicherungstrends

Die Herausforderungen in der Versicherungswirtschaft nehmen zu. Der Veranstalter MCC bot in seiner Jubiläumsveranstaltung Insurance Today and Tomorrow erneut breitgefächerte Information über die kommenden Branchentrends. Zum 20. Mal kamen die Entscheider der Versicherungsbranche diesmal in München zusammen, um am 24. und 25. Oktober 2024 über die Zukunft in der Versicherungswelt zu sprechen.  

Die Versicherungsregulierung floriert. Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, oder kürzer EIOPA für European Insurance and Occupational Pensions Authority, hält mit Rechtsakten, Richtlinien, Veröffentlichungen und Verordnungen auch die deutschen Versicherer auf Trab. Seit 2019 waren bspw. rund 120 Dokumente mit über 10.000 Seiten Regelungen von der Versicherungswirtschaft organisatorisch, personell und technisch umzusetzen. Zum Vergleich: Die Finanzbranchenaufsicht der USA kommt mit etwa der halben Menge aus. Die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, bringt die europäischen Regeln in deutsche Form und überwacht die Richtlinientreue.

Im Mittelpunkt der Regelungen stehen stabile Versicherer sowie der Nutzen und die Sicherheit für die Versicherungsnehmer. Die Stimmen pro Bürokratieabbau und softerer Regulierung in der Versicherungswirtschaft werden lauter. Neben speziellen Branchenegeln unterliegen Versicherer ebenso vielen branchenübergreifenden Regelungen, wie z.B. für Lieferketten, Nachhaltigkeit oder Umweltschutz. Solche Bestimmungen entfalten bei Versicherern eher Mehrarbeit als spürbare Wirkung, denn die Regelungen zielen häufig auf andere Branchen ab. Die EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung, kurz CSRD für Cooporate Substainnability Reporting Directive, kostet z.B. der deutschen Wirtschaft mindestens 1,6 Milliarden Euro und gilt als teuerstes Regulierungsvorhaben. Die Versicherer nebst Kunden dürfen davon Teile tragen. Und die Regulatorik schreitet unaufhörlich fort. In 2026 stehen neue Anforderungen für Solvency II an, sodass sich hier die Versicherungswirtschaft ebenfalls in Richtung der Projektstartlöcher bewegen darf.

Die neu(e)n Leben der Lebensversicherung

Das Geschäft mit der Lebensversicherung stagniert. Stornoquoten sowie Kostensteigerungen, auch in Folge zunehmender Regulatorik, sorgen für angespannte Geschäftsergebnisse der Lebensversicherer. Die Rechnungszinsanhebung wirkt hingegen positiv auf die Lebensversicherung. Kunden profitieren von vorteilhafteren Rentenfaktoren und Garantiezusagen, die höhere Leistungen bringen. Die von der Regierung angekündigte Reform zur privaten Altersvorsorge erzeugt geteilte Freude. Auf der einen Seite unterstützt jede Förderung die Eigenvorsorge. Auf der anderen Seite deutet der politische Diskurs auf mehr Bürokratie hin, welche die möglichen Vorteile einer Förderung durch Mehrkosten minimiert. Es bleibt also abzuwarten, ob die Reform überhaupt verfängt und Wirkung zeigt. Neben der Regulatorik bremsen alte IT-Systeme die Verwaltungsbereiche aus. So wachsen die IT-Kosten überproportional an.

Über 80 Lebensversicherer sorgen zudem für fragmentierte Marktverhältnisse. Die Engpässe sind quasi vorprogrammiert. Bei branchenweiten Neuanforderungen sind die Versicherer auf sich gestellt und greifen z.B. auf dieselben Marktlösungen zu. Bei den Lösungsanbietern kumulieren dann die Aufträge, was die Projektzeiten ausdehnt. Um Kosten und Verzögerungen bei Altsystemen im Griff zu halten, ist die Altbestandsübertragung auf darauf spezialisierte Versicherer überlegenswert. Ob das mit dem Versichertenwohl einhergeht, ist in der Branche umstritten. Während Kritiker für die Kundenseite Verluste wähnen, argumentieren die Bestandsübernehmer mit Kostenvorteilen durch eine schlankere Verwaltung. Statt via individueller IT-Lösung pro Versicherer wickelt eine anpassungsfähige Plattform die alten Verträge mehrerer Versicherer kostengünstiger ab. Die Versicherungsnehmer erhalten auf diesem Weg höhere Erträge gutgeschrieben.