Wo geht die Reise hin?

14.01.2019

Oliver Brüß, Vertriebsvorstand der Gothaer / Foto: © Gothaer

finanzwelt: Also bleibt es weiterhin spannend?!

Brüß:  Ja, ich habe in dem Vortrag eben dargestellt, wie hoch der Anteil der Online-Abschlüsse eigentlich ist. In der Lebensversicherung sind es 2017 nur 2,2 %, im Bereich Krankenversicherung 7,3 % und bei Komposit 15 % gewesen. Das macht aber nochmal deutlich, dass die Digitalisierung nicht generell ein Ersatz für die persönliche Beratung ist, sondern dass der Zugangsweg eher vom Produkt und vom Kundentyp abhängig ist. Der Kunde, und das zeigen auch Studien, informiert sich heute anders. Und er entscheidet situativ, wie er Kontakt aufnimmt oder wie er einen Vertrag abschließt. Über 60 % des Geschäfts ist heute in irgendeiner Form digital initiiert. Mal ist es die Informationsbeschaffung, mal der Abschluss. Was aber bleiben wird, ist die persönliche Beratung bei den komplexen Themen. Das zeigen auch die Quoten bei der Lebens- und Krankenvollversicherung. Erstens sind das sehr beratungsintensive Themen und zweitens wacht kein Kunde morgens auf und sagt: "Hey, heute kaufe ich mal eine Berufsunfähigkeitsversicherung."

finanzwelt: Diese beratungsintensiven Produkte sind auch schwerer auf Vergleichsplattformen zu vergleichen. Strom und Gas ist vergleichbar, denn da ändert sich nur der Preis und nie die Qualität. Und bei vielen Versicherungsprodukten zeigt sich die Qualität erst Jahre nach dem Kauf, nämlich dann, wenn sie in Anspruch genommen werden. Erst beim Schaden oder der Auszahlung zeigen Produkt und Versicherung ihre wahre Qualität.

Brüß: Da gibt es noch einen weiteren großen Unterschied: Bei einem Wechsel des Stromanbieters spare ich 250 bis 300 Euro im Jahr, wenn ich ein eigenes Haus habe. Bei einer Privathaftpflicht spare ich vielleicht 15 Euro im Jahr, wenn ich mich für eine andere Gesellschaft entscheide. Da kann man sich schon die Frage stellen, ob ich mir für diese 15 Euro den ganzen administrativen Kram auf die Schultern lade. Und bei BU oder einer betrieblichen Altersvorsorge geht ein Wechsel ohne Beratung gar nicht. Und wer von einem Makler betreut wird, hat immer jemanden an seiner Seite, der im Zweifel seine Interessen vertritt, was eine Plattform oder ein Internetversicherer nicht unbedingt bieten können.

finanzwelt: Wir haben eben den hybriden Kunden angesprochen. Ich glaube, Makler tun auch gut, wenn sie sich hybrid aufstellen. Das ist die Zukunft. Der Makler, der das Internet benutzt, um neue Kunden zu generieren oder seine Beratung noch qualitativer zu machen.

Brüß:  Das sehe ich auch so. Und das gebe ich jedem Makler auch als Empfehlung mit. Man sollte schon so eine Art Online-Führerschein machen. Auch als Vertriebspartner. Um letztendlich zu verstehen, wie ich mich eigentlich in den digitalen Kanälen positioniere und wie ich meine Zielgruppe erreiche. Was nutze ich für die Kommunikation? Wie positioniere ich mich im Social-Media Bereich richtig? Wie gestalte ich meine Homepage? Die digitale Visitenkarte mit Bild von mir als Makler und meine Kontaktdaten reichen heute nicht mehr aus. Ich muss in meinem Online-Auftritt Aktualität bieten. Und auch bei der Beratung muss man neue Wege gehen: als Makler muss ich nicht mehr unbedingt am Küchentisch des Kunden sitzen, sondern kann mich auch mit ihm über Skype verabreden.

finanzwelt: Das sehen wir ähnlich und insofern haben wir gemeinsame Ziele und Vorstellungen, wie wir unsere Leser, Vermittler und Makler auf ihrem Weg in die Zukunft unterstützen. Herr Brüß, ich danke Ihnen für das Interview! (lvs)