Wir brauchen keine G20-Gipfel mehr!

03.12.2018

Karsten Junius, Chefökonom, Bank J. Safra Sarasin AG / Foto: © Bank J. Safra Sarasin

Einige haben das Treffen im Vorfeld daher bereits als "G2" bezeichnet, da die Welt nur darauf schaut, wie Trump und Xi Jinping sich verstehen und ob es zu einer Deeskalation des Handelskrieges kommt oder nicht. Sicherlich sind die bilateralen Treffen am Rande des G20-Gipfels wichtig. Aber brauchen wir wirklich dafür einen solch immensen Gipfel, oder dient er nur dazu den wichtigsten Regierungschefs noch mehr internationales Scheinwerferlicht und eine noch grössere Bühne für ihre Egos zu bieten? Für den chinesisch-amerikanischen Waffenstillstand hätte es jedenfalls kein G20-Treffen gebraucht, für die Unterzeichnung des NAFTA-Nachfolgeabkommens ebenso wenig. Bei einer anderen Stimmungslage des US-Präsidenten wäre es zu beidem vielleicht spontan auch nicht gekommen.

Die G20-Gipfel haben in der Vergangenheit eine wichtige Funktion gehabt. Sie haben nach der Finanzkrise 2008 dazu beigetragen, dass die Fehler der grossen Depression nicht wiederholt wurden, dass die Weltwirtschaft nicht in den Strudel einer Abwertungsspirale oder des Protektionismus geraten ist. G20-Gipfel waren daher Ausdruck eines multilateralen Verständnisses und Versuchs zu gemeinsamen Politikansätzen zur Lösung globaler Probleme. Die Notwendigkeit dazu bestünde weiter. Und sicherlich ist es besser, wenn die Delegationen von 20 Ländern ein paar Mal um die Welt fliegen, um sich in Argentinien zu treffen, als wenn auch nur zwei von ihnen, ihre Konflikte direkt mit Waffen austragen. Aber vielleicht ist es auch Zeit einzugestehen, dass multilaterale Ansätze wie die G20 in Zeiten von "my-nation-first" nicht mehr funktionieren. In Zeiten, in den internationale Regeln und Abkommen, Populismus und Willkür von Autokraten und denen, die dies gerne wären, weichen, verkommen G20-Treffen zu teuren Fotobühnen. Das nächste G20-Treffen ist vermutlich so unvermeidlich wie der Geburtstag von Tante Lotti. Aber wie wäre es, wenn es das nächste Mal als Video-Konferenz stattfindet?

Kolumne von Karsten Junius, Chefökonom Bank J. Safra Sarasin AG