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25.08.2023

Dietmar Schöne, Vertriebsdirektor bei der R+V Versicherung

Dietmar Schöne, Vertriebsdirektor bei der R+V Versicherung, braucht im finanzwelt-Interview keine Glaskugel, um auf die bevorstehenden Herausforderungen der Branche zu schauen. Hier sein Ausblick für den Maklermarkt, Regulatorik und Positionierung der R+V Versicherung.

finanzwelt: Herr Schöne, wir haben außen- und innenpolitische Faktoren, höhere Zinsen, Inflation, Energiewende, Wetterextreme und einen leichten wirtschaftlichen Abschwung. Versicherer haben zwar auch keine Glaskugel, aber sie haben etwas viel Besseres: Aktuare. Die wissen nicht nur, was mit welcher Wahrscheinlichkeit wann passiert, sondern kennen auch die Kosten. Was blüht uns in den nächsten Jahren?

Dietmar Schöne» Für manche Entwicklung in der Zukunft braucht man schon die Glaskugel. Nehmen wir zum Beispiel den China- und Taiwan-Konflikt, da werden auch unsere Aktuare keine Berechnung machen können und wollen. Es gibt andererseits natürlich viele Dinge, die für uns sehr wohl berechenbar sind. So wissen wir, dass Wetterextreme in Frequenz und Höhe zunehmen. Daraus leiten wir Schadensbedarfe ab und auch die Prämien. Was dann allerdings Aufgabe von uns als Branche ist, ist die Sensibilität in der Bevölkerung zu wecken. Wenn der GDV veröffentlicht, dass die Abdeckungsquote bei Elementarschäden immer noch um die 50 % ist, dann sieht man, wie hoch der Bedarf noch ist. Da müssen wir unserem Beratungsauftrag gerecht werden. Bei der R+V machen wir das bereits seit Jahren und haben eine Abdeckungsquote von 70 %, im Neugeschäft sogar fast 80 %.

finanzwelt: Was lässt sich noch gut berechnen?

Schöne» Die Inflation lässt sich auch recht gut berechnen. Die Teuerung kommt allerdings unterschiedlich an. Was wir im Supermarkt erleben oder an der Tankstelle, ist in der Summe manchmal anders als bei dem Versicherer: Autoteile haben rund den Faktor 2, das heißt, wenn wir 7 % Inflation haben, dann sind die Autoersatzteile um 15 % teurer geworden. Daraus leiten wir letztendlich Schadensbedarfe ab. Die Altersversorgung ist aufgrund der Demografie sehr gut berechenbar, aber die Erkenntnisse daraus führen nur bedingt zum Handeln. Und dann sind wir wieder bei dem Beratungsbedarf für die Branche. Wir müssen einfach die Bevölkerung abholen und diese Themen dann auch stärker nach außen tragen. Also nicht nur berechnen, auch handeln!

finanzwelt: Womit selbst Aktuare ihre Schwierigkeiten haben, ist irrationales Handeln abzubilden. Der Angriffskrieg Russlands war kaum im Vorfeld zu berechnen. Dieser Krieg schadet doch letzten Endes allen. Da rechnet man in China vielleicht etwas mehr über etwaige Konsequenzen, vor allem in der Halbleiterproduktion … Aber zu all den weltpolitischen Faktoren kommen ja noch die branchenspezifischen Variablen hinzu: EU-Richtlinien, wie drohendes Provisionsverbot oder auch die Vorteile und Nachteile der Digitalisierung, wie schlankere Prozesse, aber höhere IT-Kosten. Wie ordnet sich die R+V in so einem durchwachsenen Marktumfeld ein?

Schöne» Es gibt so ein paar Dinge, die muss man nicht diskutieren, die Regulatorik macht ja niemandem richtig viel Spaß, ist aber gesetzt. Da kann sich die R+V oder sonst wer aus der Branche nicht entziehen, insofern sind wir in der Bringschuld, diese Themen auch umzusetzen. Digitalisierung ist natürlich auch für uns ein Thema. Das generiert einerseits Prozess- und Kostenvorteile und ist im Maklermarkt extrem wichtig, um die Prozesse auf ein modernes, zukunftsfähiges Niveau zu bringen. Das heißt aber auch, dass man investieren muss. Unser IT-Budget steigt ständig, die Investitionen, die in der Branche getätigt werden, sind sehr groß. Sprich: Wir haben einerseits Prozess- und Kostenvorteile, aber die bekommt man natürlich nicht geschenkt, die müssen gekauft werden. Beim Provisionsverbot denkt man, der Geist ist wieder in der Flasche, aber irgendwie kommt er dann doch wieder raus, in der einen oder anderen Form. Ich persönlich sehe das sehr kritisch, weil wir in der Breite für die Versorgung der Bevölkerung und die Betreuung der Bestände ein System wie die Provision beziehungsweise Courtage brauchen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Privatperson bereit ist, ein Honorar für eine Beratung zu bezahlen, im Zweifel verzichtet sie ganz auf den Versicherungsschutz. Im Industrie- und Gewerbegeschäft sind Honorarverträge weit verbreitet und üblich, da ist es eigentlich nicht das Thema. Aber für eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung müssen wir den Geist in der Flasche behalten.

finanzwelt: Das sehe ich auch so, eine Frage der Vernunft. Provisionsverbot ist vermutlich eine Idee von Leuten, die sich das leisten können. Aber sprechen wir mal über Vertriebswege: Die R+V hat drei sehr starke Vertriebswege, aber unser Herz in der finanzwelt-Redaktion schlägt ja vor allem für die Makler. Ich bleibe beim schlagenden Makler-Herzen. Ist Ihre Vertriebsstrategie eine Operation am offenen Herzen oder ist mit dem Makler-Herz alles in Ordnung und wir brauchen gar keine OP oder Bypass?

Schöne» Die verschiedenen Vertriebswege für die R+V sind ja sehr wichtig, damit erreichen wir unterschiedliche Zielgruppen, können dadurch unterschiedliche Geschäftsfelder entwickeln, insofern ist es gut, dass wir so breit aufgestellt sind. Der Maklervertrieb entwickelt sich im Marktvergleich und auch generell sehr gut. Sowohl Wachstum als auch Kosten als auch Ertrag stimmen. Es ist also ein gesundes Herz, das man allerdings auch immer weiter trainieren muss, weil der Markt eine Herausforderung ist. Und dieser Herausforderung stellen wir uns gerne, und das hält das Herz auch gesund. Im Personenmaklervertrieb sind wir gerade dabei, uns neu aufzustellen. Da sehen wir durchaus Wachstumschancen, da sind wir noch nicht so stark wie im Kompositbereich. Das werden wir in Zukunft durch die Neuaufstellung, glaube ich, ein Stück weit aufholen und uns stärker im Markt bewegen.

» Für manche Entwicklung in der Zukunft braucht man schon die Glaskugel. «

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