Wie viel Sand ist im Getriebe?

17.12.2021

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Die chinesische Führung hält beharrlich an ihrem Plan fest. Man möchte ganz nach oben. Zwar gab es jüngst vermehrt Wolken am Himmel im Reich der Mitte. Sorgen insbesondere in der Immobilienbranche machten sich breit. Dennoch, ohne die Weltmacht im fernen Osten geht weltweit wenig. Das wissen die Machthaber in Peking. Insofern machen hier langfristig angedachte Investments in einem breit diversifizierten Portfolio durchaus Sinn.

Kleckern war nie das Motto im Reich der Mitte. Und so ging es jahrelang mit den Wachstumsraten im internationalen Vergleich steil nach oben. In den Vor-Coronajahren waren es nach offizieller Lesart immer noch um die 7 % p. a. Die Pekinger Führung hatte die Zügel stets im Griff. Mit dem Ausbruch der weltweiten Pandemie gab es eine Wachstumsdelle, aber als eine der wenigen Volkswirtschaften der Welt wuchs man immerhin noch um 2 % im Vergleich zum Vorjahr. 2028 soll China die US-amerikanische Wirtschaft als stärkste globale Ökonomie ablösen. Doch in den vergangenen Wochen und Monaten machten sich Sorgen breit. Die Verunsicherung (auch bei internationalen Investoren) wuchs, Turbulenzen in der Immobilienbranche kamen hinzu. Evergrande und weitere Namen aus der Immobilienszene machten die Runde. Wird die Staatsmacht weiter intervenieren, um den etwas stotternden Wirtschaftsmotor wieder anzukurbeln?

Vorübergehende Wirtschaftsdelle

Andrew Gillan, Head of Asia ex Japan Equities, Janus Henderson Investors, bemerkt: „Strukturell ist das Wirtschaftswachstum niedriger als im letzten Jahrzehnt und der Schwerpunkt liegt auf der Wachstumsqualität. Die Zentralbank hat im Juli den Mindestreservesatz gesenkt, was darauf hindeutet, dass sich das Wachstum stärker verlangsamt hat, als sie es wollte. Wir erwarten für die Zukunft ein konstanteres, aber niedrigeres BIP-Wachstum und eine anhaltende Ausrichtung auf Nachhaltigkeit sowie eine geringere Abhängigkeit von der Neuverschuldung, wie die Restriktionen im Immobiliensektor zeigen.“ Auch Dhiraj Bajaj, Head of Asia Fixed Income bei Lombard Odier Investment Managers, tönt in diesen Kanon ein und folgert, dass in Anbetracht der aktuellen Marktsituation eine Lockerung der chinesischen Politik der Schlüssel zur Stabilisierung der gesamten chinesischen Makro- und Immobilienmärkte ratsam sei. Gleichwohl, und das gehört zum Bild des „neuen Chinas“ unmittelbar dazu, bemüht sich das Land seit Jahren, insbesondere den heimischen Konsum noch mehr zu stärken, um so unabhängiger vom Außenhandel zu werden.

Wachstum neu gedacht

2021 wurde der neue Fünf-Jahres-Plan beschlossen. Er soll das Land wirtschaftlich noch kraftvoller machen. In Peking nennt man es „doppelter Wirtschaftskreislauf“. Export und Binnennachfrage sind fast gleichbedeutend. Reformen, die zu einem Anstieg der Inlandsnachfrage beitragen, führen zu Verbesserungen in Chinas sozialem Sicherungssystem und einer Verringerung der Einkommens- und Vermögensungleichheit. Dann wäre man dem erklärten Ziel eines nachhaltigeren Wachstums ein Stück näher. Fest steht, dass die chinesische Politik sich gegenüber globalen Unwägbarkeiten resistenter machen möchte. Das Wachstum soll auf solidere Füße gestellt werden. Dass der Machtanspruch Chinas im internationalen Konzert weiter groß ist, zeigt sich auch am Freihandelsabkommen RCEP. Mit der Unterzeichnung der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) haben im vergangenen Jahr 15 asiatische Staaten die größte Freihandelszone der Welt ins Leben gerufen. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung lebt in diesem Staatenraum, das seinerseits knapp 30 % zum Welthandel beisteuert. China ist der zentrale Anker dieses Bündnisses.

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