Wie geht es in China weiter?

18.10.2017

Investment Director bei M&G Investments in Hongkong / Foto: © M&G Investments

Der 19. Nationalkongress der kommunistischen Partei Chinas wird weltweit aufmerksam verfolgt. Auf dem Kongress werden neue Mitglieder ins Führungsgremium bestellt und die Ausrichtung des Landes für die nächsten fünf Jahre festgelegt.

Wegen Erreichens der traditionellen Altersgrenze müssten eigentlich fünf der sieben Mitglieder des obersten Führungsgremiums, des Standing Committee, sowie fast die Hälfte des Politbüros nächsten Monat in den Ruhestand treten. Sollte das passieren, so eröffnete es die Chance auf einen fundamentalen Wechsel in der chinesischen Führung.

Ein Wechsel kündigt sich also an. Doch gleichzeitig dürfte auch vieles unverändert bleiben. So wird erwartet, dass Xi Jinping drei von vier der wichtigsten Führungsrollen in China als Präsident der Regierung, Generalsekretär der kommunistischen Partei und Vorstand des Militär-Kommittees behalten wird. Er stellt den sogenannten Political Report vor, der die politischen Grundzüge für die nächsten fünf Jahre festlegt. Größere Überraschungen sind nicht zu erwarten – wir können mit einer Fortsetzung der aktuellen Politik rechnen. Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Abschwächung des chinesischen Wirtschaftswachstums in gewissem Umfang bestätigt wird. Außerdem wird eine Reform der Unternehmen in Staatsbesitz erwartet, weiteres Augenmerk auf die Stabilität des Finanzsektors und sozial ausgerichtete Zielsetzungen.

Was heißt das für den Renminbi?

Mit der Reniminbi-Stärke könnte es schnell vorüber sein:

  • Die Stärke des Renminbi dieses Jahr war eine Überraschung für viele Investoren. Wirtschaftsdaten über den Erwartungen, ein schwacher Dollar und Kapitalkontrollen haben die Währung unterstützt.
  • Mittelfristig dürfte sich der Trend umkehren, weil sich das chinesische Wachstum langsam abschwächt. Auf längere Sicht könnten weiter geöffnete Finanzmärkte chinesische Investoren dazu bringen, sich von ihrem aktuellen Home Bias zu verabschieden und sich stärker ausländischen Assets zuwenden. Das würde den Renminbi weiter unter Druck setzen.

Was heißt das für den chinesischen Anleihemarkt?

Anleihen bleiben teuer:

  • Die Renditen chinesische Staatsanleihen sind zwar seit 2016 um fast ein Prozent gestiegen, aber das Preisniveau bleibt trotzdem hoch. Damals hatte China die Finanzmärkte stärker reguliert, um die Regionalbanken zu stärken und Carry Trades bei der Auflegung von Anlageprodukten zu bekämpfen. Die Renditen für die zehnjährige Anleihe liegen heute bei 3,6 Prozent, doch damit finden sich die Papiere immer noch am teuren Ende der Schwellenländer: Ein diversifizierter Index von Emerging-Markets-Staatsanleihen bringt eine Rendite von 5,1 Prozent.
  • Chinesische Offshore-Anleihen mit Investment Grade haben sich auf 130 Basispunkte verengt und tragen damit dem verbesserten Makro-Klima Rechnung – doch andererseits beträgt der Spread bei US-Investment-Grades nur 120 Basispunkte. Der Nationale Volkskongress dürfte wenig an der Situation ändern. Wir denken, Anleger sollten sich besser an anderer Stelle in den Emerging Markets umsehen.

Was heißt das für chinesische Aktien?

Der Graben zwischen Aktien der Old und New Economy bleibt bestehen:

  • Die Reform von Unternehmen im Staatsbesitz kann Jahre dauern, was diese Unternehmen zu möglichen Value-Fallen macht.
  • Auf der anderen Seite legen Marken im Technologiebereich ein rasantes Wachstum hin. Allerdings sind viele der Erwartungen bereits in die aktuellen Bewertungen eingepreist.
  • Deshalb suchen wir weiterhin gezielt nach einzelnen, attraktiv bewerteten Unternehmen mit tragfähigen Fundamentaldaten, die nicht durch zu hohe Erwartungen verzerrt sind. Wir sehen die besten Chancen in eher langweiligen Bereichen wie etwa Industrie und Versorger, deren Unternehmen wegen ihrer Verbindung mit der traditionellen chinesischen Wirtschaft weniger Beachtung finden.

Marktkommentar von Jeik Sohn, Investment Director bei M&G Investments in Hongkong