Wie entwickelt sich Mikro-Living langfristig?

26.11.2020

Hendrik Kappe, Geschäftsführer KAPPE Projektentwicklung GmbH / Foto: © KAPPE Projektentwicklung

Welche Standorte sind in Deutschland attraktiv?

Kappe: Die großen Citys, aber zunehmend auch B-Standorte, die idealerweise über eine Universität oder Hochschule verfügen oder sich als aufstrebende Wirtschaftszentren erweisen. Wir setzen fast ausschließlich auf B-Standorte, weil dieser Markt für moderne Wohnformen bislang kaum erschlossen war, der Bedarf aber ebenso vorhanden ist. Unser Radius umfasst Wolfsburg, Braunschweig, Hannover und ähnliche Städte.

Für die Finanz- und Immobilienwirtschaft ist das Mikro-Wohnen zu einer viel beachteten Assetklasse geworden. Immer mehr Wohnfonds greifen dieses Format auf…

Kappe: Das stimmt, denn das Asset erweitert das Spektrum der Wohninvestments und die Häuser vieler Anbieter laufen sehr erfolgreich. Kritisiert wird bislang nur, dass es hinsichtlich der Immobilienbewertung für Investoren oft zu wenig transparente Daten gibt und die Objekte damit schwer vergleichbar sind. Da das Produkt noch recht neu ist, muss eine umfassende Datenlage erst geschaffen werden. Ungewiss ist auch, wie sich das Asset auf Dauer in wirtschaftlich schwierigen Phasen verhält. Ich gehe davon aus, dass es aufgrund seiner hohen Nutzungsflexibilität erfolgreich bleiben wird.

Und was sollte der Erwerber beachten?

Kappe: Man sollte im Blick haben, dass die Fluktuation im Mikro- und Kurzzeitwohnen grundsätzlich höher ist als bei klassischen Wohnimmobilien. Deshalb ist eine Teil- oder Vollmöblierung stets sinnvoll, um eine schnelle Wiedervermietung zu gewährleisten. Der Erwerber sollte das Immobilienkonzept zudem genau prüfen: Ist in der näheren Umgebung in Zukunft etwas geplant, das den Standort verschlechtern könnte? Passen Angebot und Angebotsqualität zu den Zielgruppen? Existiert eine urbane Infrastruktur?

Wo sehen Sie das Asset in 10 Jahren?

Kappe: Ich denke, das Asset wird sich weiter konsolidieren und sich positiv entwickeln, weil der Bedarf weiterhin zunehmen wird. Die Corona-Pandemie wird daran nichts ändern. Gemäß KFW-Research müssten in Deutschland bis 2030 ca. 4,4 Millionen Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. 2017 entfielen laut der 5 %-Studie2 2019 von bulwiengesa rund 41 % aller neu gebauten Wohnungen auf die Größenklasse von Mikro-Apartments – im Jahr 2008 waren es nur ca. 13 %. Eine Fortsetzung des Trends ist unter diesen Umständen mehr als wahrscheinlich. Neben den TOP-7-Städten wird voraussichtlich jede mittlere bis größere Stadt künftig einen beachtlichen Anteil an modernen Wohnformen aufweisen.