Wie einst Dornröschen
14.07.2015
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Mit großem Hype wurde vor etwa zehn Jahren die Basisrente begrüßt. Der Vertrieb versprach sich angesichts der mit diesem Produkt verbundenen hohen Steuerbegünstigung und trotz der strengen Regularien ein erkleckliches Geschäft.
Doch mittlerweile hat sich Ernüchterung breitgemacht. Das Wort „Ladenhüter“ macht vielerorts die Runde. Höchste Zeit also, noch einmal gründlich über die eigene Beratungsstrategie nachzudenken.
Viele Kleinselbstständige und Freiberufler sehen einer eher düsteren finanziellen Zukunft im Alter entgegen. Es gibt entweder nur magere Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung oder gar keine. Ganz besonders gilt dies für viele Ich-AGs. Um der programmierten Altersarmut bei ihnen entgegenzuwirken, aber auch um Altersvorsorgesparen für weitere Gruppen in der Bevölkerung für die private Vorsorge zu gewinnen, wurde vor rund einem Jahrzehnt die Basisrente – im Volksmund nach ihrem Ideengeber auch Rürup-Rente genannt – eingeführt. Ausgestattet mit kräftigen Steuervorteilen in der Ansparphase und einer Hartz IV-Sicherheit sollte das Modell der Hit schlechthin werden. Und eine sichere Zusatzversorgung, hatte man doch die Möglichkeit von Kapitalauszahlungen strikt ausgeklammert. Doch von einer Erfolgsgeschichte will zumindest das Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) nichts wissen. Anlässlich eines kürzlich erstellten Ratings von 119 Produktangeboten fiel das Urteil überaus harsch aus:
„Die Basisrente schläft tief und fest.“
Mit einem aktuellen Bestand von unter 2 Millionen Verträgen bleibe sie deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück. „Dabei hat die Basisrente riesiges Potenzial und das nicht nur bei Selbstständigen“, sagt IVFP-Geschäftsführer Frank Nobis und ergänzt: „Durch die Differenz zwischen Steuerentlastung des Beitrags und Rentenbesteuerung sind Nachsteuer-Renditen von über 4 % möglich.“ Hier sei ganz besonders der Vertrieb in der Pflicht, den Kunden über die lukrativen Gestaltungsmöglichkeiten in Kenntnis zu setzen und die Basisrente aus ihrem Dornröschenschlaf „wach zu küssen“. Schließlich sei die Basisrente bei einer steuerlichen Absetzbarkeit von derzeit 80 % der Beiträge das einzige echte Steuersparmodell für Gutverdiener. Dies bestätigt auch Maximilian Buddecke, Leiter Maklervertrieb der Versicherungsgruppe die Bayerische: „Die Basisrente ist durchaus eine Alternative für Menschen, welche in der Arbeitsphase eine höhere Steuerlast erwarten als in der Rentenphase und bei denen die anderen geförderten Altersvorsorgeprodukte von den Rahmenbedingungen nicht passen – oder die Fördermöglichkeiten schon ausgeschöpft sind.“ Zumal es bei diesen Policen die Möglichkeit außerplanmäßiger Zuzahlungen gibt. Etwa um rechtzeitig zum Jahresende noch einen besonderen Steuervorteil zu generieren. Das kostet zwar bei nahezu allen Anbietern eine Gebühr, doch diese fällt angesichts des fiskalischen Bonbons kaum ins Gewicht. So erklärt etwa Christian Neumann, führender Produktentwickler und Mathematiker in der Lebensversicherung der HanseMerkur: „Insbesondere für unsere selbstständigen Kunden gehört dieses Instrument zu den wichtigsten für eine elementare Altersabsicherung. Für unsere Zuzahlungen fallen pro 1.000 Euro ca. 50 Euro an Gebühren an. Darin sind schon die Kosten für Abschluss und Verwaltung enthalten.“ Zusätzlich könnten sich die Kunden über eine der höchsten garantierten Renten im deutschen Markt freuen. Allerdings schränkt Buddecke ein: „Es ist eine Frage der persönlichen Situation, hierzu ist eine gute Beratung notwendig.“ Und dies in jeder Hinsicht: Laut den AssCompact-Trends II/2015 sind Basisrenten nachfragemäßig auf den 27. und damit vorletzten Platz abgerutscht.
Vor pauschalen Verknüpfungen warnt Paul Stein, Vertriebsvorstand der Debeka Versicherungsgruppe: „Insbesondere für besserverdienende Arbeitnehmer reichen häufig die Vorsorgemöglichkeiten über Riester- und Betriebsrenten aufgrund der geringen Förderrahmen nicht aus, die vorhandenen Versorgungslücken zu schließen. Hier bleibt oft nur die Möglichkeit, über die Basisrente zusätzlich vorzusorgen und dabei Steuervorteile zu erzielen.“ Mit sinkendem Einkommen und der daraus resultierenden geringeren Steuerlast nehme der direkt erkennbare Vorteil einer Basisrente ab. Wie bei allem sei es aber falsch, nur die eine Seite der Medaille zu betrachten. In der Tat führen geringere steuerliche Vorteile in der Ansparphase zu geringeren steuerlichen Belastungen in der Rentenphase. Bei geringeren Einkünften und den häufig damit korrespondierenden geringeren Vermögen ist das fehlende Kapitalwahlrecht aber sehr viel stärker – negativ – zu bewerten, weil der Notgroschen liquide sein muss. Daraus kann sich aber auch wieder ein Vorteil ergeben. Denn wenn der Versicherungsnehmer selbst nicht mehr an das angesparte Kapital herankommt, haben es auch andere schwer, z. B. Gläubiger und Hartz IV-Leistungsträger. Stein ergänzt: „Dieses Beispiel macht deutlich, dass es keine pauschale Empfehlung für oder gegen die Basisrente für Arbeitnehmer geben kann. Ein 30-jähriger gutbezahlter Beamter wird hier andere Schwerpunkte setzen als ein 50-jähriger Angestellter, dessen Arbeitgeber von Personalkürzungen oder Insolvenz bedroht ist.“ Jedenfalls gebe es keine exklusive Verbindung zwischen der Basisrente und der Selbstständigkeit bzw. freiberuflichen Tätigkeit. Dass dies mitunter anders gesehen werde, sei einer der wichtigsten Gründe dafür, dass die Abschlusszahlen der Basisrente branchenweit deutlich hinter den Erwartungen und Möglichkeiten geblieben seien. Womit der Debeka-Vorstand allerdings im Widerspruch zum VOLKSWOHL BUND steht: „Bei der Basisrente muss man bedenken, dass mit ihr eine bestimmte Zielgruppe angesprochen wird und dass es sich insgesamt nicht um ein Massenprodukt handelt. Vor dem Hintergrund sind wir mit unseren Neugeschäftszahlen sehr zufrieden und können diese These nicht unterstützen“, betont Christian Schröder, Hauptabteilungsleiter Marketing. (hwt)