Wehe, wenn die Zinsen steigen

05.10.2021

Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.

In der Zeit vor der EZB hat die Deutsche Bundesbank die beginnende Inflation mit steigenden Zinsen (Diskontsätze) bekämpft. Da sie dieses meist behutsam durchführte, hatte sie nach einigen Jahren die Gefahr gebannt. Nun „drohen“ die Notenbanken mit höheren Zinsen und Reduzierung der Anleihenkäufe. Wer sich das jahrelange, aber erfolglose „Bemühen“ der Geldhüter ansieht, die Inflation auf „nahe 2 %“ zu schieben, darf jetzt Zweifel anbringen, dass sie es schaffen, die Inflation bei 2 % im Zaun zu halten. Denn jedem der nachrechnet wird klar, dass die Notenbanken nur einen kleinen Handlungsspielraum haben. Denn „neues Geld“ ist zur Droge geworden. Also Zinserhöhungen und weniger Staatsfinanzierung höchstens in homöopathischen Dosen. So wollen sie glaubhaft sein und bleiben. Die Lebenshaltungskosten sind seit Jahren weitaus höher als die offiziellen Inflationszahlen.

Verluste für alle?

Während Sparer Geldwertverluste erleiden, können die „Macher“ eine Zeitlang die Schulden inflationieren. Bis zu dem Tag, an dem die Märkte das steigende Risiko erkennen und eine diesem Risiko angepasste, höhere  Verzinsung verlangen. Sie werden spätestens dann wohl erkennen, dass die Kreditdienstfähigkeit einiger Länder fraglich geworden ist. Wenn z.B. die Zinsen in den USA um 4,5 % (bei 5% Inflation) steigen (ca. 30 Bill. Schulden), würde sich das geplante Haushaltsdefizit von 1,4 Bill. verdoppeln. Bei den Ländern, die mit 150 % des BIP und mehr verschuldet sind, wird die „Überlebensfrage“ gestellt. Dann wird der Anleihemarkt trotz der Eingriffe der Notenbanken fallen, d.h. die Zinsen steigen. Aber nicht nur überschuldete Staaten kämen in Schwierigkeiten, auch die Zombie-Unternehmen, viele Hausbesitzer, die Leasing-Nehmer, sprich alle, die von den nun zu zahlenden Zinsen betroffen sind. Das wird selbstredend auch die Wirtschaft belasten, eventuell eine Bankenkrise auslösen, Arbeitsplätze geraten in Gefahr, die Steuereinnahmen schmelzen wie der Schnee in der Sonne.

Für den Aktienmarkt wäre der „Unfall“ sicher auch ein Desaster, zumal besonders in den USA die Bewertungen sehr anspruchsvoll sind. Die aktuellen Schätzungen der Unternehmensgewinne liegen für 2022 (S&P 500 217,40 Dollar pro Aktie) nur minimal über den Schätzungen für 2022 vor der Pandemie (216,30 Dollar). Der Index hat aber in der gleichen Zeit um etwa 38 Prozent zugelegt. Enttäuschungen würden sicher „hart bestraft“ werden, zumal nahezu alle Marktteilnehmer einen Crash für unmöglich halten.

Wer dieses Szenario weiterrechnet, für den wird ein Grusel-Schocker zum Kinderprogramm. Da auch den Verantwortlichen die Folgen klar sind, werden sie alles tun, um steigende Zinsen zu verhindern. Daher sind Zinssteigungsandrohungen nur Nebelkerzen, deren Inhalte nie umgesetzt werden können. Aber sie müssen das Vertrauen der Anleger in Geld erhalten. Denn eine Vertrauenserosion haben weder die Marktteilnehmer und schon gar nicht die Notenbänker und Politiker im Kalkül.

Vor dem Hintergrund wachsender Gefahren kann eine denkbare Vermögenssicherung in Form von Edelmetallen strategisch nicht falsch sein. Fakten verschwinden nun mal nicht, wenn man sie ignoriert oder von ihnen ablenkt. Die aktuelle Schwächephase der Edelmetalle sind daher klare Kaufgelegenheiten. Da der Silberpreis im Vergleich zu den Goldkursen noch fast 60 % vom bisherigen entfernt Hoch liegt, hat das „weiße Metall“ noch ein ordentliches Aufholpotential zum „großen Bruder“.

Kolumne von Vermögensverwalter Rolf Ehlhard, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

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