Wege zu „neuer“ Vertriebsnormalität

25.08.2020

Klaus Liebig, Geschäftsführer vfm-Gruppe / Foto: © vfm

Wie selten zuvor dominiert ein und derselbe Aufhänger die Titelstorys von Print- und Online-Medien derart, wie das Thema rund um Corona-Krise und dessen mutmaßliche Folgen auf Wirtschaft und Gesellschaft. Dabei entpuppen sich zumeist all jene Schilderungen als besonders lesenswert, die aus unmittelbarer Betroffenenperspektive und damit quasi aus erster Hand über die Pandemiefolgen zu berichten wissen. Auch finanzwelt machte sich diesen Umstand zunutze, um zum alles beherrschenden Thema bei Klaus Liebig, seines Zeichens Geschäftsführer des traditionsreichen Maklerverbunds der vfm-Gruppe, direkt anzuklopfen.

finanzwelt: Corona hat recht viel durcheinandergewirbelt: Für wie fragil bzw. robust bewerten Sie im Angesicht der unvorhergesehenen Pandemie die weiteren Perspektiven für Makler?

Klaus Liebig: Die Pandemie hat die Stärken und Schwächen vieler Geschäftsmodelle deutlich aufgezeigt. Gerade auch Versicherungsmakler mit modernem Digital-Rüstzeug konnten etwa über ihr Homeoffice durch virtuelle Beratung und sonstige Online-Präsenz mit reibungslosem Weiterbetrieb beim Kunden punkten. Stattdessen musste das Gros derjenigen ohne entsprechende technische Ausstattung seinen Betrieb faktisch stilllegen, da der persönliche Kundenkontakt aufgrund mangelnder Kommunikationsalternativen praktisch vollends zum Erliegen kam. Daher darf als sicher gelten, dass Corona-Krise und Shutdown die Modernisierungsanstrengungen von Maklerunternehmen nochmals deutlich vorantreiben. Bei so gut wie allen sonstigen Marktteilnehmern, die diesen Schritt weiterhin nicht gehen können oder wollen, lässt sich demgegenüber unschwer prognostizieren, dass sie sich in absehbarer Zeit entweder einem leistungsstarken Kooperationspartner anschließen oder sich in Ermangelung sonstiger Alternativen stattdessen gleich ganz vom Markt verabschieden.

finanzwelt: Zeichnen sich mit gesondertem Blick auf die Nachfrageseite von Gewerbe- und Privatgeschäft aufgrund von Corona Unterschiede ab?

Liebig: Im privaten Kompositgeschäft rechnen wir, wenn überhaupt, nur mit marginalen Auswirkungen. Im gewerblichen Bereich hingegen wird der prognostizierte wirtschaftliche Abschwung sicherlich über einen längeren Zeitraum hinweg durch vermehrte Insolvenzen und insgesamt niedrigere Umsätze begleitet. Insofern wird sich dieser Umstand weit negativer auf die dazugehörigen Maklerbestände auswirken. Allerdings hat die Krise im Gegenzug den kundenseitigen Blick für Risiken mitunter deutlich geschärft und bei vielen das Bedürfnis nach passgenauer Absicherung geweckt. Sollte sich also – wie derzeit überwiegend prognostiziert – die Wirtschaft trotz zwischenzeitlich starker Einbußen wieder relativ rasch erholen, gehen wir davon aus, dass sich die beiden derzeit gegenläufigen Effekte mittelfristig wieder angleichen dürften.

finanzwelt: Noch im Mai hatte vfm eine Vertriebsbefragung unter den eigenen Kooperationspartnern durchgeführt. Welche wesentlichen Schlussfolgerungen hat Ihr Haus aus den Resultaten hierzu gezogen?

Liebig: Anders als etwa die seinerzeitige BVK-Umfrage gestaltete sich das Feedback aus den Reihen unserer Kooperationspartner weit weniger pessimistisch. So stuften zwar alle Befragten die Krise und ihre Folgen selbstredend als grundsätzlich ernst ein, in der Praxis wurden die negativen Auswirkungen bei den jeweiligen Vermittlerbetrieben jedoch tendenziell als eher gering eingeschätzt; in jedem Fall aber als verkraft- und beherrschbar. Ansonsten zeigen uns die vorliegenden Umfrageergebnisse, dass u. a. die starke Kompositausprägung unseres Verbundes und dazu die geringe Abhängigkeit von Großverbindungen auch in der Pandemie offenkundig Sicherheit und den bestmöglichen Schutz vor negativen Auswirkungen bietet. Geschäftsmodelle mit Schwerpunkt Altersvorsorge inklusive bAV sehen wir dagegen – neben den ohnehin schon bestehenden politischen Risiken wie die kontroversen Diskussionen um Provisionsdeckel, Staatsfonds, Bürgerversicherung – durchaus als bedroht an. Daneben bekräftigen uns die bisherigen Erfahrungen in der Krise darin, den vfm-Verbund weiter in Eigenregie technisch weiterzuentwickeln und dabei besonders den Praxisbezug unseres Kundenverwaltungsprogrammes Keasy auch im Hinblick auf die virtuelle Beratung zu betonen.

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