Was tun bei Inanspruchnahme?

29.09.2013

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Die Gebrauchsanweisung für Ihre Rettung – auch durch Ihre Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung.

Je fleißiger Sie in den letzten Jahren als Vermittler bzw. Berater in Sachen geschlossener Fonds gewesen sind, desto höher ist – rein statistisch – Ihr Risiko, einen Fonds vermittelt zu haben, der in Schieflage oder Schlimmeres geraten ist. So haben Sie gute Chancen, zumindest auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Wir zeigen Ihnen, wie Sie sich und Ihre wirtschaftliche und private Existenz retten können und nicht über Bord gehen müssen, wenn die Klagewelle über Sie kommt.

  1. Setzen Sie sich SOFORT mit einem spezialisierten Anwalt in Verbindung. Der nette Anwalt, der es bisher immer geschafft hat, Ihnen den Führerschein zu schützen, wird Sie in der Regel nicht vor Inanspruchnahme aus der Klagewelle geschlossener Fonds retten können. Wer hier einen Fehler macht, ist wahrscheinlich schon verloren.
  2. Ihre Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung (VSH) wird Ihnen in der Regel die Anwaltskosten ab Punkt 3 übernehmen. In der Regel werden Sie, wenn Sie auf diese Weise Ihre VSH richtig einsetzen, kein eigenes Geld für Anwalt und Gerichtskosten aufwenden müssen, um sich vor der Inanspruchnahme zu schützen. Aber dafür kommt es auf die korrekte und vor allem fristgerechte Schadensmeldung an.
  3. Sie haben einen spezialisierten Anwalt gefunden und mandantiert. Lassen Sie sofort über diesen Anwalt der VSH den möglichen Schaden melden. Hier werden die meisten Fehler gemacht, denn: Sie haben keine Zeit zu verlieren. Die gesetzlichen Meldefristen sind furchtbar kurz – bei außergerichtlichen Inanspruchnahmen bleibt Ihnen nur eine Woche nach Zugang bei Ihnen, bei gerichtlicher Inanspruchnahme gilt sogar „unverzüglich", also zu Deutsch sofort, zur Meldung des möglichen Schadens. Wenn Sie die Fristen verpassen, dann hat Ihre Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung jeden Grund, Ihnen den Schutz zu versagen. Gehen Sie also nicht erst in Urlaub, wenn Sie Kenntnis von einer Inanspruchnahme erlangen, d. h. wenn Sie erfahren, dass Sie jemand für einen Schaden heranziehen will, egal wie es Ihnen mitgeteilt wird. Es könnte sonst der letzte Urlaub sein, den Sie sich leisten können.
  4. Sammeln Sie sofort alle entlastenden Beweise. Wenn Sie nicht wissen, was dies genau sein könnte, fragen Sie ihren spezialisierten Anwalt, er hat in der Regel Erfahrung aus dutzenden gewonnenen Prozessen. Unter anderem wären dies: Beratungsdokumentation, Protokolle, Bestätigungen, der Prospekt, das IDWS-4 Gutachten, gegebenenfalls Kurzgutachten, Verkaufsunterlagen, Schulungsunterlagen, etc. Ganz wichtig: Schreiben Sie für Ihren Anwalt eine chronologische Schilderung der gesamten Anbahnung, Beratung/Vermittlung, benennen Sie Zeugen, wenn es welche geben sollte. Lassen Sie kein Detail aus.
  5. Auf gar keinen Fall mit dem Gegnervertreter – das ist in der Regel dessen Anwalt – kommunizieren. Nicht sprechen, nicht schreiben, nicht mailen und schon gar nicht telefonieren. Denn: Der gegnerische Anwalt kann sich selber als Zeugen benennen, alles was Sie ihm sagen, kann im Prozess gegen Sie verwendet werden. Lassen Sie ausschließlich Ihren Anwalt mit den Gegnervertretern kommunizieren, so vermeiden Sie auch jede Form der Ausforschung. Seien Sie gewarnt: Die Gegnerseite der „Anlegerschutzanwälte" hat Erfahrung, Vermittler zum „verplappern" zu bringen.
  6. Seien Sie absolut offen in der Kommunikation gegenüber Ihrem Anwalt. Er ist wie ein Arzt. Wenn Sie nicht ehrlich sind, gibt es für Sie keine korrekte Diagnose und Sie bleiben krank. Wenn erst vor Gericht herauskommen sollte, dass Sie Dinge verschwiegen oder in Ihren Aussagen gelogen haben, dann haben Sie gute Aussichten, Ihren Prozess zu verlieren. Und ob die VSH noch zahlen muss, ist im Einzelfall völlig unklar.
  7. Nehmen Sie sich Zeit für eine intensive Prozessvorbereitung durch Ihren Anwalt. Ein guter, spezialisierter Anwalt wird Sie intensiv auf die Fragen des Gerichts coachen – also was Sie genau auf welche Fragen zu antworten haben. Wenn dies nicht geschieht, haben Sie gute Aussichten, sich in Widersprüchen zu verfangen, die Ihnen die Gegenseite in den Weg legen wird.

Der Ernstfall: Sie haben vor Gericht verloren. Vor Gericht bei einer Inanspruchnahme zu verlieren bedeutet – sofern Sie eine Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung haben – nicht das Ende der Welt.

Es verhält sich wie folgt:

Erste Möglichkeit: Sie haben, vertreten durch Ihren Anwalt, wahrheitsgemäß ausgesagt, alle Ihnen dienlichen Beweismittel offengelegt, aber haben trotzdem verloren. Grundsätzlich kein Problem: Ihre VSH tritt jetzt für Sie ein. Sie persönlich werden nicht zum Schadensersatz herangezogen, Sie sind nicht in einer persönlichen Haftung. Ihre Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung schützt Sie.

Zweite Möglichkeit: Sie haben, aus welchen Gründen auch immer, im Prozess gelogen, haben nicht wahrheitsgemäß ausgesagt und sind dabei auch noch ertappt worden, haben gar Beweismittel verfälscht oder nachträglich erfunden. Und Sie haben deswegen vor Gericht verloren. Jetzt ist völlig offen, ob Ihre Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung für Sie eintritt oder ob Sie es ablehnen kann. Daher: Bleiben Sie bei der Wahrheit, Sie können grundsätzlich wenig bis gar nichts verschlimmern.

Sollten Sie bei der Wahrheit geblieben sein und trotzdem verloren haben, dann wird Ihre VSH aller Erfahrung nach den Versicherungsschutz auch in der Zukunft nicht versagen, Sie können Ihren Beruf weiter ausüben. Daher: Sofort reagieren, einen spezialisierten Anwalt aufsuchen und es wird in der Regel gar nicht so schlimm kommen, wie Sie es im ersten Augenblick befürchtet haben.

Was tun ohne Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung? Sofern Sie für Vermittlungen oder Beratungen in Anspruch genommen werden, für die Sie keine VSH deckt, dann haben Sie vor Gericht nur einen Schuss frei, und der muss sitzen. Für Sie gelten in diesem Fall die Punkte 1-7 ganz verstärkt. Denn: Verlieren Sie vor Gericht, so haften Sie persönlich. Die wenigsten Vermittler können sich mehr als einen solcher Wirkungstreffer leisten, bevor Sie mit Mann und Maus untergehen.

(Daniel Blazek und Christoph Sieciechowicz)

Problemlösungen - Printausgabe 05/2013