Was macht eigentlich die Regierung gegen den Klimawandel?
15.08.2018
Michael Horling, Gründer und Geschäftsführer von Grüne Sachwerte / Foto: © Grüne Sachwerte
Was haben Fleischindustrie und Kohlelobby gemein?
Nun kann es vielleicht von dem einen oder anderen als tendenziös betrachtet werden, wenn man als ökologisch motivierter Vegetarier der Ansicht ist, dass insbesondere die Landwirtschaft im Bereich der Tierzucht, oder genauer gesagt der Massentierhaltung, sich aufgrund der enormen Treibhausgasbelastung an den Klimafolgen beteiligen sollte. Ein Großteil der tropischen Regenwälder wurde und wird gerodet, um Platz für die Sojaproduktion zu schaffen, die nahezu komplett für Tierfutter genutzt wird – und nicht überwiegend für uns Vegetarier, wie mir immer wieder humoristisch beizubringen versucht wird.
Aber die Reaktionen auf solche Überlegungen und Forderungen durch die Bauernverbände und deren politische Vertreter ähneln frappierend denen der Kohlelobby. Die versucht krampfhaft, jedes noch so alte und dreckige Braunkohlekraftwerk vor der Abschaltung zu schützen: Man „erkenne ja an, dass man sich aufgrund des Klimawandels ändern müsse, aber dies müsse doch geordnet erfolgen, man dürfe nicht überstürzt die Wirtschaft gefährden, und vor allem Dingen dürften doch keine Jobs gefährdet werden“. Es werden alsbald Kommissionen gegründet, die gewichtig aussehen, und es geht wieder viel Zeit verloren.
ABER DER KLIMAWANDEL IST REAL, und die Warnung der Forscher vor einer „Heißzeit“ kommt zwar zugegebenermaßen zu einem populistischen Zeitpunkt, aber wann sonst sollte man die Bevölkerung wachrütteln, wenn nicht mitten in der großen Dürre und Hitzewelle, in der ganze Flüsse versiegen, selbst schwedische Wälder in Flammen aufgehen, und es teilweise am Nordpol kürzlich wärmer als in Zentraleuropa war? Wenn die Diskussion um Seehofer und ein paar Flüchtlinge an der bayerischen Grenze, die bereits anderswo registriert wurden, die Medien mehr bewegt als der Klimawandel, der unsere ganze Lebensweise bedroht – und voraussichtlich in den nächsten Jahrzehnten deutlich größere Migrationsbewegungen auslösen wird als militärische Konflikte.
Und was macht die Regierung?
Was die Anti-Atomkraft-Bewegung allein nicht ganz geschafft hat, das schaffte die Atomkatastrophe von Fukushima 2011 innerhalb weniger Tage: Eine Abschaltung alter, anfälliger und gefährlicher Reaktoren sowie ein Ausstiegsszenario bis 2022, das auch umgesetzt wird. Die alten, ineffizienten Braunkohlereaktoren sind ebenfalls gefährlich – doch von ihnen geht eben nicht die Gefahr eines kurzfristigen Super-GAU aus, sondern eben der schleichende, langsame, einschläfernd konstante Vorgang der Klimazerstörung (neben den lokalen Folgen wie Atemwegserkrankungen mit tödlichen Folgen, natürlich). Darum tun sich Politiker auch so schwer, wo doch die Entscheidung so leicht sein sollte: Eine kraftvolle Energiewende, bei der durch die Abschaltung der „Klimakiller Kohlekraftwerke“ zwar auch lokal Jobs verloren gehen, die aber auf Bundesebene wieder neue, dann auch zukunftsfähige Jobs entstehen lässt. Die versucht, die Grundlagen für zukünftige Generationen zu bewahren. In den letzten Jahren hat aber die Regierung zum Beispiel die deutsche Solarbranche quasi „zu Tode reguliert“, und dort sind wahrscheinlich mehr Jobs wieder verloren gegangen, als in der ganzen Braunkohlebranche überhaupt noch existieren! Die Zahlen liegen mir gerade nicht vor – im ICE ist heute das WLAN ausgefallen, zudem stehen wir nach einer harten spontanen Bremsung auf der Strecke, und wissen nicht, wann es weitergeht. Etwas planlos, und gänzlich ohne Dynamik, genauso wie unsere aktuelle Regierung in der Energiepolitik. Jetzt fährt der Zug zwar langsam weiter, aber auch nur so langsam, wie die Energiewende in den letzten Jahren vorankommt.
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