Was bedeutet Macron für Frankreichs Arbeitsmarkt?
11.07.2017
Sandra Hundsdörfer / Foto: © GGV
Besonders schwer sind betriebsbedingte Kündigungen bisher für Tochterunternehmen. Zulässig ist eine Kündigung hier bislang überhaupt nur, wenn der betreffende Unternehmens-sektor der Gruppe insgesamt in Schwierigkeiten ist. Eine regionale Tochter darf für sich allein keine betrieblichen Kündigungsgründe geltend machen, solange es anderen Unternehmens-töchtern desselben Sektors andernorts gut geht. Betriebsbedingte Kündigungen sind hier also rechtlich an hohe Anforderungen geknüpft. Dies gilt natürlich auch für die Töchter ausländi-scher Konzerne.
Diese Rechtslage dürfte in der Vergangenheit ein Investitionshindernis für ausländische Unternehmen gewesen sein. Die neue Regierung beabsichtigt daher, den geographischen Bereich zu ändern, in dem die wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorliegen müssen. Offen ist, ob es für Unternehmen künftig darauf ankommt, in Frankreich ansässig zu sein oder ob eine andere Grenze gezogen wird. Erleichterungen böten hier wohl erhebliche Anreize auch für Investoren aus dem Ausland. Sie könnten sich bei schlingernden französischen Unternehmen engagieren, ohne sofort auch ihre heimischen Unternehmenszweige in Mitleidenschaft zu bringen. Gerade dieser Reformpunkt dürfte zu Widerstand bei den Gewerkschaften führen.
Arbeit auf Zeit
Befristete Arbeitsverträge sind in Frankreich derzeit nur erlaubt, wenn dafür gesetzlich anerkannte Gründe vorliegen, und auch dann nur bis zu einer Höchstdauer von 18 Monaten. Auch hier will die Regierung mehr Flexibilität schaffen. So sollen die Branchen im Rahmen der Branchentarifverträge sowohl den Befristungsgrund als auch die zulässige Dauer der Verträge regeln dürfen.
Das Ermächtigungsgesetz: Warum Macron per Erlass regieren möchte
Die Arbeitsrechtsreform gilt als ebenso dringend wie heikel. Mehrere frühere Regierungen sind daran bislang gescheitert. Macrons Regierung hat immerhin eine komfortable Mehrheit für ihre Reformen, aber auch in Frankreich benötigen Gesetze eine gewisse Zeit für den Weg durch die Nationalversammlung. Da die Wirkung der Reform jedoch möglichst rasch eintreten soll, will die neue Regierung sich nun dazu ermächtigen lassen, eine Weile mit Erlassen zu regieren, die dann nach und nach im Parlament beraten und von Macrons Mehrheit zu Gesetzen parafiert werden.
Die Gewerkschaften
Auch wenn die Gewerkschaften keinen formellen Handlungsspielraum gegen die geplante Reform haben, sind sie in der Praxis ein unumgänglicher Partner bei dem Vorhaben. Wenn sie nicht mitspielen, dürfte die Reform scheitern. Die Regierung hat daher einen Verhandlungsmarathon mit den Gewerkschaften angesetzt: Vom 9. Juni bis zum 21. Juli sind insgesamt 48 Arbeitssitzungen geplant, in denen die Details der Reform abgestimmt werden sollen. Die Verordnungsentwürfe werden dann zur finalen Abstimmung Ende des Sommers paritätisch besetzten Gremien sowie dem Ministerrat vorgelegt, um Anfang September verabschiedet zu werden. Dann wäre Frankreich arbeitsrechtlich ein anderes Land.
Kolumne von Sandra Hundsdörfer, Partnerin und Rechtsanwältin bei GGV Avocats à la Cour Rechtsanwälte in Paris
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