Was bedeuten die Solvenzquoten für den Versicherungsvertrieb?

22.08.2018

Rafeal Kurz, Chefredakteur Policen Direkt-Gruppe / Foto: © Policen Direkt-Gruppe

Die Solvenzquoten sind gerade für Versicherungsvermittler eine äußerst wichtige Information – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der neuen IDD-Vermittlerrichtlinie. In Zukunft kann nicht ausgeschlossen werden, dass hier sogar Haftungsfragen aufkommen. Doch keine Panik: Vermittler können mit den Solvenzquoten sogar direkt bei Ihren Kunden punkten. Fakt ist: Dieser Indikator für die Qualität der Versicherer sollte zur Klaviatur einer ganzheitlichen Beratung gehören. Und doch gilt: Erst das Produkt, dann die Versicherungsgesellschaft.

Neben der Qualität der Versicherungspolice zählt aber die Qualität der Versicherungsgesellschaft zu den entscheidenden Parametern im Versicherungsvertrieb. Und auch Bestandskunden wollen angesichts zunehmender Debatten um die Lebensversicherung über den Zustand ihrer Altersvorsorge laufend Bescheid wissen. Wenn ein Makler diese Information sinnvoll in den Beratungszyklus integriert, kann er Kundenvertrauen stärken und damit auch sein Mandat festigen.

Solvenzquoten als Teil der Beratungs-Klaviatur

Eine Lebensversicherung ist eine Entscheidung fürs Leben. Das gilt im Idealfall auch für Berufsunfähigkeitsversicherungen oder Produkte wie Pflegezusatzversicherungen. Deshalb gehört die Prüfung der Krisenfestigkeit und Stabilität der Versicherer zum Standard-Repertoire für jeden Makler. Natürlich sind zuerst einmal die Produktmerkmale wichtig. Diese entscheiden, ob ein Tarif für den Kunden in Frage kommt oder nicht. Doch dann sollten Vermittler nicht zuletzt bei langfristig ausgerichteten Versicherungen auch einen Blick darauf werfen, wie ein Versicherer mit möglichen Extremszenarien zurechtkommt, sprich: wie zukunftssicher er ausgerichtet ist. Die Solvenzquoten geben hier als weitere Kennzahl für die umfassende Beratung der Kunden deutliche Anhaltspunkte.

Die Solvenzquoten zeigen den Kapitalpuffer, den es braucht, die Verpflichtungen gegenüber den Kunden erfüllen zu können, wenn sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen dramatisch ändern. Es geht hier um Extremszenarien wie Börsencrashs, Massenstorno, plötzlich steigende Lebenserwartung oder dramatische regulatorische Eingriffe.

Liegt die Quote über 100 Prozent, erfüllt der Versicherer diese wichtigen Anforderungen zum Stichtag. Eine niedrigere Quote muss nicht zwangsläufig schlecht sein – sofern sie den Schwellenwert 100 nicht unterschreitet. Eine extrem hohe Quote aber hat keinen zusätzlichen Nutzen für den Versicherten. So spiegeln sich auch unterschiedliche Geschäftsausrichtungen in den Quoten wider. Wenn Sie als Vermittler konkrete Fragen zur Entwicklung einer Solvenzquote haben, sollte Ihnen das Ihr Versicherer auch plausibel erklären können. Unter http://solvenzquoten.de finden sich ausführliche Informationen zur Einordnung und Entwicklung der unterschiedlichen Solvenzquoten.

Als größter institutioneller Versicherungsnehmer in der Lebensversicherung verfolgen auch wir die Entwicklung der Quoten und ziehen unsere Schlüsse: Wir gehen aktuell weiter davon aus, dass alle Lebensversicherer ihre Leistungsversprechen erfüllen und kaufen deswegen derzeit Policen aller Anbieter - das gilt auch für Verträge im Run-off.

Wichtig: Als alleiniges Entscheidungskriterium eignen sich die Solvenzquoten nicht. Die Kennzahl ersetzt eine umfassende und fundierte Analyse nicht, kann aber wichtige Orientierung bieten. Längst nicht jeder Versicherer bestellt nämlich heutzutage Ratings. Denken Sie hier beispielsweise an Gesellschaften im internen und externen Run-off. Unbestrittener Vorteil der Solvenzquoten: Tatsächlich alle Versicherer müssen diese mit den Solvenzberichten vorlegen.

Mit steigender Beratungskompetenz Kundenvertrauen erhöhen

Wie können Sie aber die Quoten praktisch in ihren Alltag einbinden? Im Zuge der Umsetzung der IDD-Richtlinie müssen Versicherungsnehmer regelmäßig - mindestens jedoch einmal jährlich - über die Eignung eines Produkts informiert werden. Diese Entwicklung ist eine Chance für die Vermittler, mit kompetenter Beratung Kundenvertrauen zu steigern und Sicherheit zu vermitteln. In der Funktion als treuhänderischer Sachwalter des Kunden vertritt der Makler stets dessen Interessen. Erweitertes Wissen zur Qualität der Altersvorsorge stärkt das Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Makler. Das kann langfristig das Mandat festigen.

Proaktiv mit den Kunden kommunizieren

Wer aktuelle Entwicklungen nicht in den Beratungszyklus integriert, riskiert langfristig darüber hinaus Haftungsfragen. Solvenzquoten können Anlass für Makler sein, in persönlichen Gesprächen oder über Social Media, Newsletter, Website oder Blog mit ihren Kunden den Dialog zu suchen. Im Zuge der Aufklärung kann es dann tatsächlich um mögliche Anpassungen in der Altersvorsorge gehen oder einfach darum, Unsicherheit beim Kunden zu beseitigen. Die Positionierung des Maklers als kompetenter Ratgeber für eine stabile Zukunft gewinnt damit aber auch im Neugeschäft weiter an Relevanz.

Gastbeitrag von Rafael Kurz, Chefredakteur der Policen Direkt-Gruppe