Warum die Vermittler-Wut die Falschen trifft
11.05.2016
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Wo Makler sich sonst entschieden dagegen verwahren, wenn ein Versicherer ihnen vorschreiben möchte, wie sie zu beraten haben, kann der Eingriff in die Maklerunabhängigkeit auf einmal nicht weit genug gehen. Wenn es gegen die verhassten Bestandsräuber geht, darf die Unabhängigkeit des Maklers plötzlich in Frage gestellt werden? Dabei darf man schon einmal die Frage stellen, wem hier tatsächlich geholfen werden soll, denn der Makler wird mit dieser Entscheidung keinesfalls geschützt. Der Betreuerwechsel zu den FinTechs wird weiterhin durchgeführt, der Makler verliert weiterhin seine Bestandsprovision, nur verbleibt sie jetzt beim Versicherer. Thomas Neuleuf, Bereichsleiter Vertrieb/Marketing bei der Ideal, stellte unlängst klar: „Selbstverständlich akzeptieren wir die Korrespondenz-Maklerschaft, sofern ein Betreuungswechsel über ein FinTech eingereicht wurde." So erweist sich der Schachzug der Ideal als clevere Marketingstrategie, in der man mit Hilfe der FinTechs seine Kosten senkt und dafür noch Applaus erfährt. Doch nicht nur, dass der Makler womöglich zum Freund erklärt, wer es womöglich nicht ist, er erklärt auch zum Gegner, wer es ebenso wenig sein müsste. Wenn der CEO von Knip erklärt, dass man eigentlich gar keine Beratung machen wolle, wird ihm unterstellt, sein Unternehmen wolle sich der Provision ohne Gegenleistung bemächtigen. Tatsächlich scheint dem Berliner StartUp relativ egal zu sein, ob eine Übertragung bestandsgeldpflegeplichtig oder lediglich in Korrespondenzmaklerschaft erfolgt. Bis heute hat das Unternehmen nicht einmal eine Pool-Zusammenarbeit aufgenommen, obwohl es dadurch eine Vergütung für viele Korrespondenzverträge erzwingen könnte. Mit dieser Haltung ist Knip nicht allein. „Wir wollen dem Kunden einfach einen geilen Service bieten. Es ist gar nicht unser Geschäftsmodell, den klassischen Vermittler zu ersetzen", erklärt Thilo Hammer, CEO des StartUps Feelix. „Uns reicht eigentlich die Auskunft. Leider zwingen uns die Versicherer oft zur Einholung der Maklervollmacht." Für seinen Service braucht das StartUp eigentlich nur Daten und Dokumente. Die könnten auch über eine einfache Abfragevollmacht bereitgestellt werden. Doch das können die Versicherer nicht. Eine Übermittlung setzt bei ihnen immer auch die Vermittlereigenschaft voraus. Das ist auf Dauer tödlich für die Vermittlerschaft, denn immer mehr neue Service-Angebote werden so in die Konkurrenz zum Vermittler gezwungen. So überlegt beispielsweise die DATEV, EDV-Dienstleister der Steuerberatungswirtschaft, seit langem, die für die Ermittlung der Vorsorgeaufwendungen nötigen Daten direkt beim Versicherer abzufragen. Steuerberatern, Verbrauchern und letztlich auch deren Maklern würde dies eine Menge Aufwand ersparen. Doch auch die DATEV scheitert an den dafür nötigen Voraussetzungen seitens der Versicherungswirtschaft. Eine dritte Ebene, bei dem Servicedienstleister mit anderen Geschäftsmodellen lediglich Daten abfragen, ohne an Provisionen partizipieren zu wollen, ist technisch und organisatorisch nicht vorgesehen. Die Branche hat es versäumt, rechtzeitig entsprechende Standards einzuführen. Der Vermittler wird immer mehr zum Opfer von Versäumnissen, die allein die Versicherer zu verantworten haben. Da kommt es eventuell nicht ungelegen, wenn Vermittler die Modernisierer für schuldig halten, statt mit ihnen gemeinsam die längst überfällige Erneuerung der Branche einzufordern.
Oliver Pradetto, Geschäftsführer blau direkt GmbH