Wann wachen wir endlich auf?

02.10.2023

Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

Deutschland ist auf dem absteigenden Ast. Wir sind vom Vorzeigestaat zum Problemkind in den G20 geworden. Seit 2010 haben wir den Rückwärtsgang eingelegt. Politik und Lifestyle-Plattformen verkünden den anstrengungslosen Wohlstand. Aber es geht spätestens mit Ausbruch der Inflation einem großen Teil der Bevölkerung finanziell schlechter. Doch wir tun so, als sei alles in Ordnung.

Gerhard Schröder war der letzte Politiker, der mit der Agenda 2010 eine Vision hatte. Davon hat noch die Ära Merkel profitiert. Sie wird mit vielen Auszeichnungen dekoriert, obwohl sie gravierende politische Fehlentscheidungen zu verantworten hat. Ihre Atompolitik hat sie innerhalb weniger Wochen um 180 Grad geändert, Sie hat die unverantwortliche Gelddruckerei geduldet und den kritischen Bundesbankpräsident Jens Weidmann ihrer Parteifreundin von der Leyen „geopfert“. Dafür haben wir jetzt Christine Lagarde als EZB-Präsidentin.

Es wurde auch die Digitalisierung total verschlafen. Das Gesundheitswesen ist marode, man hat weder Personal noch Ärzte. Viele haben bei uns zwar Medizin studiert, aber sind im Ausland beschäftigt. Frau Baerbock verteilt in der Welt mit beiden Händen Gelder, während wir hier zu wenige Kinderbetten in den Krankenhäusern haben. Das Bildungswesen ist ein Armutszeugnis. Zehn Prozent der Viertklässler können schlecht schreiben und lesen. Vom Rechnen sollten wir schweigen. Die Kultusminister/innen entlassen zur Sommerpause Lehrer, um sie nach den Ferien wieder einzustellen, und wundern sich im Herbst, dass so wenige Abiturienten ein Lehramt studieren wollen.

Unser Verteidigungsmilitär hat nur für einen Tag Munition. Straßen und vor allem Brücken sind in einem erbärmlichen Zustand. Bei einem Projekt mit der Schweiz waren die Schweizer schon am Ziel, wir noch in der Genehmigungsphase. Die Bürokratie wurde verschärft statt abgebaut, die jetzt durch die Ampelregierung mittels weiterer Vorschriften und Gesetze noch „ausgebaut“ wird. Das Heizungsgesetz schadet vor allem Hausbesitzer, die vor 1990 bebaut haben.

Das E-Auto könnte zum Rohrkrepierer werden. Denn wir haben ja unsere Atomstromquellen abgestellt. Wir kaufen dafür Atomstrom aus Frankreich. In der Welt werden 460 neue Atomkraftwerke gebaut. Wir schaffen sie ab.

Was wir selbst nicht versauen, das schafft dann Brüssel. Nach über 20 Jahren „Euro“ haben wir noch immer keine einheitliche Mehrwertsteuer, keine Rentenregelung oder gemeinsame Rechtsprechung. Dafür aber Vorschriften wir eine Gurke gewachsen sein muss, damit sie ins Glas darf oder welche Käfer in Fertigprodukten verarbeitet werden dürfen. Da wir BASF-Produkte nicht mehr verwenden, gehen wir zum Gegenangriff bei den Kleingetieren über. Wir fressen sie auf. Hier könnte man eventuell lachen, wenn es nicht die erschütternde Wahrheit wäre. Nun ist schon dem zweiten DAX-Vorstand (endlich) der Kragen geplatzt.

Die sogenannten Volksparteien wundern sich über den Stimmenzulauf der AfD. Frau Esken will sie lieber verbieten als ihre Politik ändern. In Thüringen bricht jetzt der Faschismus aus, weil dort mit Stimmen der AfD eine Steuer gesenkt wird. In Backnang sollen die Grünen auf Befehl von Frau Lang einen AfD-Antrag (ein Theater zu unterstützen) ablehnen, um dann den gleichen Antrag durch die „Grüne“ Parteieinzubringen.

Im internationalen Wettbewerb ist Deutschland auf den 22. Rang zurückgefallen. In derAttraktivitätsliste für Fachkräfte rangieren wir mittlerweile auf Rang 19. Unser Wirtschaftsminister bemängelt, dass die deutschen Unternehmen zu wenig investieren. Er hat wohl noch nicht bemerkt, dass sie sehr wohl investieren. Aber im Ausland. Viele Fachkräfte und Unternehmen verlassen das Land, weil sie hier die höchsten Steuern und Abgaben haben. Ausländische Investoren können nur mit sehr hohen Subventionen gewonnen werden.

Nun bricht auch noch der heimische Baumarkt weg. Die Demografie und der unter anderen damit verbundene Fachkräftemangel, die hohen Energiepreise und die damit weiterhin hohe Inflation schaden uns zusätzlich. Belastend ist auch unser Sozialnetz. Minister Heil hat gerade das Bürgergeld erhöht und somit das „nichts arbeiten“ noch attraktiver gemacht. Und dies bei 1,6 Millionen offene Stellen. Finanziert durch Schulden. Wir sind ja angeblich nur mit 66,2 Prozent des BIP verschuldet. Vergessen werden bei dieser Lobhudelei, dass es 29 „Sondervermögen“ (das heißt Sonderschulden oder Schattenhaushalte) gibt, deren Gesamtschulden etwa 1 Billion betragen, so dass wir uns in Wahrheit schon mit 99,1 Prozent des BIP verschuldet haben.

Nachdem wir gerade mit Abhängigkeiten (Energie/Rohstoffe aus Russland) bittere Erfahrungen gemacht haben, begeben wir uns schon wieder in ausländische Hände. Nämlich Seltene Erden von den BRICS-Staaten, die mit Ägypten und Saudi-Arabien ab 2024 bedeutenden Zuwachs bekommen. Dann sind der Persische Golf, ein Großteil des Kaspischen Meeres und des Roten Meeres, incl. Suez- Kanal in deren Hand. Dort fließt nicht nur der westliche Schiffsweg durch, sonders es liegen eine Masse von Telekommunikationskabel, die den globalen Nachrichtenverkehr ermöglichen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Nachdem sich die Notenbanken mit ihrer Inflationseinschätzung total geirrt haben, die Geldentwertung mit der maßlosen Gelddruckerei sogar mit verschuldet haben, versuchen sie nun die Inflation mit hohen Zinsen auf zwei Prozent zu drücken. Mit den für die hochverschuldete Welt zu hohen Zinsen riskieren sie einen Overkill. Denn solange der Ukraine-Krieg wütet, die Inflation außerdem durch die Energiewende, der De-Globalisierung und dem Fachkräftemangel belastet wird, ist ein Ziel von zwei Prozent unerreichbar. Der Wirtschaft werden die Zinsen allerdings massiv schaden.

Wir halten uns mit Aussagen zur Politik gerne zurück. Aber zum einen ist auch mir der Kragen geplatzt und zum anderen sind wir und unsere Kunden von den negativen Auswirkungen stark betroffen. Die DAX-Werte profitieren derzeit noch trotz dieser Missstände, da sie oft ihre Geschäfte mehrheitlich im Ausland machen. Trotzdem sind die Entwicklungen für deren Börsenkurse sehr negativ. Im schlimmsten Fall könnten die Zinsen, nach einem von den Notenbanken initiierten Rücklauf (auf zum Beispiel zwei Prozent), der das Wachstum nicht mehr retten kann, langfristig wieder steigen, weil ein weiterer Wirtschaftseinbruch die Risiken enorm in die Höhe treiben würde. Hohe Schulden und eine Rezession haben nun mal fatale Folgen. Mit negativer Wirkung auf die Kapitalmärkte.

Eine erhöhte Liquiditätshaltung, höchste Qualität bei den Anlagen und eine Beimischung von 20 Prozent Edelmetallen sollte die Vermögenserhaltung einigermaßen unterstützen. Die aktuelle Schwäche von zum Beispiel Gold dürfte vorerst die letzte Gelegenheit sein, die Bestände in physischem Gold und Goldaktien zu heutigen Preisen aufzustocken. Wenn das oben beschriebene Szenario eintritt, wird die Angst um das eigene Geld die Edelmetallpreise in die Höhe treiben. Goldkurse von 2.500 oder 3.000 US-Dollar je Unze wären nur eine Frage der Zeit. Die Produzenten werden davon massiv profitieren.

Marktkommentar von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH