Wankt der Riese?

15.02.2019

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Chinesische Notenbank in Habachtstellung

Erinnerungen an die Situation Anfang 2016 werden wach. Damals sind Chinas Börsen aufgrund negativer Konjunkturdaten in den Keller gerauscht und haben sämtliche Märkte weltweit mitgerissen. Der DAX verlor allein im ersten Handelsmonat 2016 in der Spitze rund 20 %. Doch ist die Situation wirklich so „verfahren“? Mitnichten. Die chinesische Notenbank steht sozusagen aktuell Gewehr bei Fuß. Die Währungshüter haben die Reserveanforderungen für Kreditinstitute gesenkt. Somit sollten Milliardenbeträge frei werden, die die Geldhäuser an Unternehmen weitergeben und so die Konjunktur ankurbeln können. Der chinesische Ministerpräsident sprach zu Jahresbeginn davon, dass wohl gezielt mehr Spielraum für Kredite insbesondere an kleinere Unternehmen gegeben werden soll. Zur Erinnerung: Die Zentralbank hatte bereits im vergangenen Jahr angesichts der Handelsstreitigkeiten mehrere Mal den Mindestreservesatz der Banken gesenkt. Er liegt bei 12,5 % für kleinere Institute. Steuersenkungen kämen hinzu. Das sollte zumindest kurzfristig beruhigen. Und vieles hängt ferner am Binnenkonsum. Hierzu äußert sich Gabriela Tinti, Senior Fondsmanagerin des ESPA STOCK GLOBAL EMERGING MARKETS, folgendermaßen: „Der private Konsum in China wird durch ansteigende Haushaltseinkommen angetrieben. Trotz nachlassender Konjunktur ist das verfügbare Haushaltseinkommen deutlich gestiegen und hat die konsumfreudige Mittelschicht massiv gestärkt. Die Regierung konnte dadurch erfolgreich ihre Strategie von einer exportorientierten zu einer mehr auf binnenkonsumorientieren Volkswirtschaft in den letzten Jahren umsetzen.“ Gemäß den Zahlen von Statista ist das durchschnittliche jährlich verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der städtischen Haushalte in China im Zeitraum 2007 bis 2017 (in Yuan) von knapp 14.000 auf knapp 36.500 Yuan (4.600 Euro) gestiegen. Das „neue“ Mammutprojekt ‚One Belt, One Road‘ soll ferner die Stärke Chinas weiter aus-bauen und das Land mitunter unabhängiger machen. Der chinesische Staatschef Xi Jinping verfolgt hiermit einen ehrgeizigen Plan. China will rund 900 Mrd. US-Dollar in die sogenannte Neue Seidenstraße investieren. Geplant ist ein gigantisches Infrastrukturnetz von Europa über Zentralasien bis in den Mittleren Osten. Alles zur Untermauerung der Vorreiterrolle Chinas in der Weltwirtschaft. Senior-Fondsmanagerin Tinti verweist hier darauf, dass laut chinesischer Regierung bereits 65 Länder weltweit ihr Interesse an einer Mitarbeit bekundet hätten, wodurch ein potenzieller Markt mit 4,4 Mrd. Menschen entstehen würde. „Die Investitionen in dem euroasiatischen Raum mit Ländern wie Afghanistan und Pakistan würde Wirtschaftswachstum und die Stabilität in dieser Weltregion erhöhen sowie Wirtschaftsmigration eindämmen“, so Tinti. Auch Aviva Investors-Experte Way ist der Ansicht, dass Initiativen wie Infrastrukturprojekte, Autoanreizprogramme und Mehrwertsteuersenkungen das Wachstum in China unterstützen würden, gleichzeitig bestehe allerdings die Herausforderung darin, den Schuldenberg zu stabilisieren.

Markt im Auge behalten

Vor diesem Hintergrund sollten Sie den chinesischen Markt bei der Depotzusammenstellung nicht ganz außen vor lassen. Zwar entwickelten sich chinesische Aktien insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2018 äußerst mies, dennoch könnte sich das Blatt in 2019 wenden. Zumindest der große CSI 300 Index hat sich seit Jahresstart etwas positiv entwickelt (10.01.: 3.072 Punkte). Charles Sunnucks, Fondsmanager des Jupiter China Select SICAV bei Jupiter Asset Management, kommentiert hierzu: „Die Aussichten für chinesische Unternehmen gehen weiter auseinander bzw. differenzieren sich mehr aus. Wir sind überzeugt, dass sich die Bewertungen dieser Unternehmen nach und nach von der allgemeinen Bewertung des Gesamtmarktes entkoppeln werden. Dadurch dürften sich mehrere sehr attraktive Stock-Picking-Möglichkeiten ergeben.“ Für ihn spiegeln sich die Veränderungen im Finanzsektor noch bei weitem nicht in den Aktienbewertungen wider, so dass Sunnucks hier Potenzial sieht. Nordea-Fondsmanagerin Leveille favorisiert hingegen Titel aus den Sektoren Software, Internet, Onlinehandel, künstliche Intelligenz, industrielle Automatisierung, Online Gaming, Konsumgüter und Dienstleistungen. Ob Sie nun Ihren Kunden eher aktiv gemanagte Fonds oder passive Indexfonds (ETFs) als Anreicherung fürs Depot empfehlen möchten, sei Ihnen überlassen. Nahezu jedes großes Investmenthaus wie beispielsweise UBS, Invesco, Schroders oder Janus Henderson ist mit entsprechenden China-Fonds im Markt unterwegs. (hsd)