VW-Skandal: Was nun?

11.10.2015

Andreas Kern

Die hier vor einem Monat beschriebene Zuversicht der bei wikifolio.com aktiven Vermögensverwalter scheint sich mit Blick auf die zuletzt deutlich erholten Aktienmärkte auszuzahlen. Daran hat auch der Abgas-Skandal bei Volkwagen nichts geändert.

Die Mehrheit der Anlageprofis hatte die Automobilbrache u. a. wegen der Wachstumsabschwächung in China schon vorher untergewichtet. Zum jetzigen Zeitpunkt allerdings gehen die Meinungen stark auseinander, ob der Boden bei den zum Teil heftig abgestürzten Aktien bereits erreicht ist.

Die Vermögensverwalter von Albrech & Cie machen (wie viele andere Kollegen auch) die weitere Kursentwicklung der Wolfsburger von der Nachrichtenlage abhängig: „Das gesamte Ausmaß des Skandals lässt sich immer noch nicht abschätzen. Offen sind nach wie vor die Höhe der drohenden Strafen, die Schadenersatzforderungen sowie die Kosten für die Umrüstung der betroffenen Fahrzeuge, ganz zu schweigen von dem entstandenen Vertrauensverlust.“

Deutlich positiver äußern sich die Experten der SVA Vermögensverwaltung Stuttgart. Sie gehen davon aus, dass Volkswagen mittelfristig wieder in der Lage sein wird, Vertrauen bei den Käufern und Anlegern zu gewinnen. Durch den massiven Rückgang des Börsenwertes von zeitweise rund 60 Milliarden Euro sei ein Großteil der möglichen finanziellen Belastungen bereits im Kurs eingepreist: „Da sich die Aktie aktuell bis nahe an den eigentlichen Buchwert bewegt hat, ergeben sich hieraus für uns eher gute Kaufgelegenheiten. Wer etwas Zeit mitbringt, sollte auf Sicht bei einem heutigen Kauf nicht schlecht fahren.“

Ganz anders bewerten die Anlageprofis der Knapp Voith Vermögensverwaltungs AG („vorerst kein größeres Aufwärtspotenzial“) und der Pruschke & Kalm GmbH („noch nicht alle negativen Effekte eingepreist“) die Aussichten und raten von Investments aktuell ab.

Gewinner und Verlierer des VW-Skandals

Ebenfalls unter Druck standen aus Angst vor weiteren negativen Meldungen aus der Branche die meisten anderen Autoaktien. Bei Albrech & Cie bezeichnet man dies als „nicht gerechtfertigt“ und sieht vor allem die asiatischen Autoaktien als potenzielle Gewinner, weil sich die entsprechenden Unternehmen „erkennbar bemühen, die neuen umweltfreundlichen und spritsparenden Technologien voranzutreiben“.

Laut SVA könnten BMW, Daimler und Toyota mittelfristig von der Verschiebung der Marktanteile profitieren. Interessant könne zudem die den meisten Anlegern wahrscheinlich weniger vertraute Aktie von Twintec werden.

VW-Bonds und Discountzertifikate als Alternative

Noch einmal zurück zu Volkswagen: Während die Aktie aufgrund der bestehenden Unsicherheit aktuell kaum in den Portfolios der Vermögensverwalter zu finden ist, nutzen einige Anlageprofis die aktuellen Konditionen, um vermeintlich günstig in VW-Anleihen oder Discountzertifikate auf die Aktie einzusteigen. Hierzu führt die SVA zum Beispiel an, dass „durch die deutlich erhöhte Volatilität sehr gute Verzinsungen zu erzielen sind“.

Bei Knapp Voith wird der Kauf klassischer VW-Bonds für die Kundendepots wie folgt begründet: „Die Anleihen werden teilweise gepreist als ob VW in den kommenden Wochen ein Kandidat für ein schlechteres Junk Bond-Rating wäre. Dies ist nach unserer Einschätzung aufgrund der nach wie vor extrem soliden finanziellen Verfassung des Unternehmens völlig übertrieben.“

Seit Herbst 2013 stellen institutionelle Finanzmarktexperten ihre Handelsstrategien auf wikifolio.com einem breiten Anlegerpublikum zur Verfügung. Bereits mehr als fünf Prozent der deutschen Vermögensverwalter nutzen die Transparenz der Plattform, um neue Kundengruppen zu erreichen. Sie haben bislang 71 wikifolios veröffentlicht. 78 Prozent der von Vermögensverwaltern in investierbaren wikifolios geführten Strategien haben 2014 einen höheren Ertrag erzielt als die Benchmark (DAX).

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Autor: Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG_