VW mit Salamitaktik im Diesel-Prozess

28.02.2018

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Die juristische Aufarbeitung der VW-Abgasaffäre entwickelt sich zum Justizkrimi: Der Wolfsburger Autobauer musste nun ein brisantes Schriftstück vorlegen. Die Vorlage weiterer Unterlagen wird bislang verweigert.

Am vergangenen Donnerstag feierte der Diesel-Motor seinen 125. Geburtstag: Am 23. Februar 1893 erhielt Rudolf Diesel vom Kaiserlichen Patentamt Berlin sein Patent für den später nach ihm benannten Motor. Zum Feiern ist den Hersteller von Dieselmotor aber derzeit nicht zumute, besonders nicht nach dem gestrigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, das besagt, dass Städte Fahrzeuge mit Dieselmotor verbannen dürfen.

Dass der Dieselmotor in der öffentlichen Wahrnehmung von einer günstigen und umweltfreundlichen Variante zu einem Umweltverschmutzer abstieg, hängt vor allem mit der 2015 aufgedeckten VW-Abgasaffäre zusammen. In diesen Fall bringt die TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH nun neue Bewegung. So hat VW in einer Reihe von TILP vor dem Landgericht Stuttgart betriebenen Klageverfahren wegen Anlegerschäden aufgrund des Abgasskandals nunmehr zwei zentrale Dokumente vorgelegt, die der Autobauer bislang unter Verschluss gehalten hat. Die Vorlage erfolgte aufgrund der Anordnung des Einzelrichters Dr. Fabian Richter Reuschle von der 22. Zivilkammer des LG Stuttgart gemäß § 142 ZPO (Anordnung der Urkundenvorlegung). Die jetzt erstmals vorgelegten Unterlagen sind ein Schreiben von Frank Tuch, damals Leiter Konzern Qualitätssicherung von VW, an den damaligen Konzernchef Martin Winterkorn vom 23.05.2014 sowie eine Notiz von Bernd Gottweis, damals Leiter des Ausschusses für Produktsicherheit bei VW, an Frank Tuch einen Tag zuvor. Die beiden Unterlagen waren am Freitag dem 23. Mai 2014 im sogenannten „Wochenendkoffer von Winterkorn beigelegen.

Obwohl der Einzelrichter Dr. Richter Reuschle die Vorlage der E-Mail Korrespondenz zwischen Oliver Schmidt, damals Leiter des sog. Engineering and Environmental Office („EEO“) der Volkswagen Group of America („VWGoA“) und Michael Horn, damals CEO und Präsident von VWGoA, angeordnet hatte, weigert sich VW weiterhin diese vorzulegen.

„Über die jetzt erfolgte Offenlegung zweier zentraler Dokumente, die unseres Erachtens die Kenntnis von Herrn Winterkorn vom Abgasskandal und der hierauf eingeleiteten US-behördlichen Untersuchungen per Ende Mai 2014 belegen, freuen wir uns. Allerdings missbilligen wir die weiterhin hartnäckige Verweigerungshaltung von VW, den vollständigen Sachverhalt offenzulegen. Dieses stellt für uns aufgrund der konkreten Vorlageanordnungen durch den Stuttgarter Einzelrichter Dr. Richter Reuschle eine Behinderung der Justiz dar. Bekanntlich hat die Volkswagen AG in den USA hohe Vergleichszahlungen geleistet und damit auch die Vorwürfe wegen Behinderung der US-Justiz beigelegt“, erläutert Rechtsanwalt Andreas W. Tilp, Geschäftsführer von TILP.

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