Vorzeichen für ein „Comeback“ der gemischten Portfolios stehen gut

05.01.2023

Jakob Tanzmeister, Managing Director, Multi-Asset Solutions bei J.P. Morgan AM / Foto: © J.P. Morgan

Die hohe Korrelation zwischen den Anlageklassen hat im Jahresverlauf auch das Klima für Multi-Asset Portfolios zum Negativen verändert. Es gilt, angemessen und vorausschauend auf die neuen Gegebenheiten zu reagieren. Jakob Tanzmeister, Managing Director, Multi-Asset Solutions bei J.P. Morgan AM weiß, wovon er redet. Mitte November sprach die Redaktion mit ihm über die Stellschrauben im Managen von gemischten Fondslösungen.

finanzwelt: Herr Tanzmeister, wir nähern uns langsam dem Jahresende. Marktteilnehmer brauchten gute Nerven, um die zurückliegenden hektischen Phasen zu überstehen. Wie haben Sie 2022 wahrgenommen? Jakob Tanzmeister» Mit Blick zurück muss man festhalten, dass wir es mit einem ausgesprochen herausfordernden Marktumfeld zu tun hatten. Der massive Inflationsdruck war eine der Hauptdeterminanten. Die Notenbanken haben auf diesen Inflationsdruck mit einer stark beschleunigten Zinswende reagiert. Der resultierende Zinsschock hat sowohl Anleihe- als auch Aktienmärkte belastet. Dass es Rücksetzer auf der Aktienseite gibt, ist isoliert betrachtet kein Novum. In Kombination mit dem Crash am Rentenmarkt war das aber eine mehr als ungemütliche Gemengelage. In Mischportfolios war der Anteil der Anleihen an den Gesamtverlusten vergleichbar mit dem der Aktien. Diversifikation über Assetklassen hinweg erschien folglich eher illusorisch.

finanzwelt: Sie sprechen es an – die (hohe) Korrelation zwischen den Anlageklassen ist das Dilemma. Was bedeutete das für Multi-Asset-Investoren hinsichtlich der Möglichkeiten zur Diversifikation? Tanzmeister» Multi-Asset-Portfolios litten, da dieser Umstand der hohen Korrelation nur begrenzte Möglichkeiten zur Diversifizierung bot. Was bleibt in dieser Situation übrig? Sieht man einmal von der Erhöhung von Cash-Positionen ab, gestaltete sich die Suche nach Zufluchtsorten äußerst schwierig. Währungen wie der US-Dollar oder auch Rohstoffe sind nach unserem Verständnis keine Kernanlageklassen, da sie keine laufende Ertragskomponente aufweisen. Income-Investoren sind aber auf laufende Erträge angewiesen; insofern taugen diese Diversifikationsvehikel nur bedingt als Ersatz. Die gute Botschaft ist, dass aus schwierigen Lagen immer auch neue Chancen entstehen. Und genau das gilt es, im Blick zu haben.

finanzwelt: Können Sie das etwas ausführen? Tanzmeister» Die Neubewertungen bieten insbesondere für ertragsorientierte Anleger sowohl auf der Aktien- als auch Anleihenseite gute Einstiegs- oder INTERVIEW Nachkaufmöglichkeiten. Das gilt auch für den Fall, dass wir vor einer schwachen Wachstumsphase stehen bzw. in eine rezessive Phase eintreten. Für unser ausgewogenes Mischportfolio erwarten wir den höchsten Renditeanstieg im Vorjahresvergleich seit mehr als 25 Jahren. Es gibt viele Renditeperlen mit Blick auf KGV und Dividendenrendite. Auf der Aktienseite haben wir aktuell bewertungstechnisch mitunter die beste Einstiegschance seit vielen Jahren. Und Fixed Income, auf der anderen Seite, is back.

finanzwelt: Wie können wir das „Comeback der Rentenmärkte“ definieren? Tanzmeister» Nach dem Crash bietet der Rentenmarkt nunmehr wieder die Aussicht auf auskömmliche Erträge. Die deutlich gestiegenen Renditen liefern eine Schutzfunktion gegen mögliche Kursverluste. In anderen Worten – Anleihen können wieder ihre Funktion erfüllen, Risiken im Portfolio auch abzusichern.

finanzwelt: Bleiben wir für einen Moment noch bei Anleihen. Sehen wir ein „fulminantes Comeback“? Tanzmeister» Sagen wir so – die Anleihemärkte sind zurück, aber Investoren sollten nach wie vor vorsichtig, behutsam und selektiv vorgehen. Folglich sind kurze Laufzeiten zu präferieren. Ein Beispiel: Hochzinsanleihen (High Yield) erachten wir aktuell als attraktiv, wenngleich die Risiken in Folge der wirtschaftlichen Abkühlung zunehmen werden. Die heutigen Emittenten hochverzinslicher Anleihen sind jedoch in einer besseren finanziellen Verfassung als in anderen vergleichbaren Abwärtssituationen. Viele Unternehmen haben in den vergangenen zwei Jahren ihre Hausaufgaben gemacht und ihre Verschuldungsquote verbessert. Schwache und schlecht aufgestellte Unternehmen schieden hingegen während der Pandemie aus dem Markt.

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