Von Science bis Fiction

23.04.2021

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Digitale Doppelgänger sind unter uns

All diese Innovationen lösen heute Probleme, die die Menschen gestern noch hatten. Es stellt sich also die Frage, woran jetzt für morgen gearbeitet wird. Hier lohnt sich ein Blick in die amerikanische National Football League NFL. Denn dort wird an einer Technologie gearbeitet, die die biometrische Versicherungsbranche revolutionieren könnte: Was ist, wenn ich heute schon erfahre, wann und wie ich mich verletzen werde und wie ich das verhindern kann? Was nach Science Fiction klingt, ist im Prinzip schon jetzt in Industrie und Militär im Einsatz – digitale Zwillinge. Es begann mit exakten digitalen Kopien von Flugzeugmotoren, Windturbinen und weiteren schweren Maschinen. Aktuell folgt alles andere bis hin zu ganzen Fabriken. Über Sensoren werden unzählige Vorgänge in den analogen Dingen digital abgebildet. Algorithmen und Künstliche Intelligenz setzen Entwicklungsmuster fort und liefern dadurch wertvolle Vorhersagen. Inzwischen ist die Technologie so ausgereift, dass nun erstmals sogar das US-Militär darauf vertraut. KI berechnet jetzt, wann es Zeit wird für den nächsten, gründlichen Check-up eines konkreten Black Hawk Helikopters mit seiner individuellen Einsatz-Historie.

Mehr Science als Fiction?

Die NFL arbeitet nun am spannendsten Schritt: Sie plant die Erschaffung digitaler Doppelgänger für jeden Spieler. Logisch, denn in der NFL geht es um gewaltige Summen. Die Teams setzen alles daran, dass sich ihre teuren Stars nicht verletzen oder sogar ausfallen. In Zukunft wollen Football-Trainer dank akkurater Simulationen die Gefahr von Sportverletzungen frühzeitig erkennen und dementsprechend Trainingsabläufe umstellen. Mit fortschreitenden, medizinischen Möglichkeiten kann diese Praxis beliebig weiterentwickelt werden. Sensoren, Chip-Implantate oder Nano-Roboter liefern immer mehr Daten, die immer genauere Prognosen ermöglichen. Kaum auszudenken, was das für die Biometrie in der Versicherungsbranche bedeutet. Wenn die Technologie massentauglich und bezahlbar wird, könnte sie in den unterschiedlichsten Bereichen Vorhersagen liefern, beispielsweise im Segment BU oder Risikoleben. Sensoren könnten in Echtzeit biometrische Risiken updaten und Tarife könnten automatisch angepasst werden. „In unseren Szenarien kommt das nicht einmal ansatzweise vor,“ verrät Capellmann. Ganz überraschend kommt diese Reaktion natürlich nicht. Denn selbst wenn die Technologie für die Versicherungsbranche Marktreife erreicht, gäbe es noch viele große Hürden von Datenschutz bis hin zu grundsätzlichen, politischen und gesellschaftlichen Debatten. „Die Frage nach besseren Behandlungsmöglichkeiten zur Heilung von Krankheiten und Früherkennungsmöglichkeiten von Krankheiten oder Genom-Analysen bezüglich der Erb-Vorbelastung ist eine viel relevantere, die auch eine größere Tragweite hat,“ erklärt der DELA-Chef. „Damit beschäftigen wir uns intensiv.“ (sh)