Von echten und unechten Goldgruben

23.07.2020

Wolfgang Juds, Geschäftsführer CREDO Vermögensmanagement GmbH / Foto: © CREDO Vermögensmanagement GmbH

Er blieb fokussiert und ließ sich nicht von den Verlockungen des Goldes ablenken. Das allein erklärt aber den großen Erfolg der Jeans noch lange nicht! Ich habe mir die Frage gestellt, wieso es in diesem Geschäft keine Wettbewerber gab. Hosen zu nähen ist keine Raketenwissenschaft. Und die Hosen mit Nieten zu verstärken ist auch keine besondere Kunst. Warum also hatte er keine Konkurrenz? Wo waren die anderen Anbieter am Markt?

Dafür habe ich folgende Erklärung: Das Hosen-Business sieht auf den ersten Blick langweilig aus. Viele schauen auf das Gold - und die Goldgräber wittern den enormen Verdienst. Anders als mit Jeans-Hosen scheint hier das große Geld möglich zu sein. Allerdings profitieren nur die wenigen Erfolgreichen vom Gold, die es in großen Mengen finden. Für die übrigen Goldsucher bleibt es nur ein Traum – der Wunsch nach Erfolg und Reichtum.

Jeans-Hosen hingegen sind unspektakulär. Doch das Geschäft ist nur auf den ersten Blick unattraktiv. Das es kaum Wettbewerber gab, waren die Gewinnmargen hoch und die Hosen konnten in großen Stückzahlen hergestellt werden. Das brachte zusätzlich einen Skaleneffekt. Sowohl der Umsatz als auch der Gewinn stiegen kräftig. Die Jeans wurden zur eigentlichen Goldgrube, weil es keinen wirklichen Preisdruck gab und die Nachfrage hoch war. Außerdem sorgte die gute Qualität der Hosen für ein Alleinstellungsmerkmal für Levi Strauss und wurde zu einem „Burggraben“ für das Unternehmen.

Das Wesentliche aus Anlegersicht

Welche praktische Bedeutung hat diese Erfolgsgeschichte von für uns als Anleger? Auch die jüngste Kursrallye zeigt bekannte und typische menschliche Verhaltensweisen: Der Blick richtet sich zunächst auf das schnelle Geld und den vordergründigen Gewinn. Wenn wir langfristig erfolgreich agieren wollen, müssen wir tiefer schürfen. Wir müssen dorthin schauen, wo das vermeintlich langweilige und unspektakuläre Geschäft zu finden ist.

Die entscheidenden Kriterien sind der Bedarf der jeweiligen Zielgruppe, die Qualität der Produkte und die Wettbewerbssituation. Aus der lässt sich häufig auch die Marge ableiten. In diesen Kategorien finden sich die sogenannten Qualitätsunternehmen mit solidem Wachstumspotenzial. Konsumgüterhersteller, bestimmte Versicherungsunternehmen, Serviceanbieter in Nischen sind typische Vertreter dieser Spezies. Erfahrene Investoren lieben diese Art von Investments. Andere hingegen zieht es zu den spektakulären Stories wie zum Beispiel Wirecard. Leider erweisen sich diese Aktien manchmal als Treibsand und weniger als Goldgrube, vor allem wenn das Geschäftsmodell zu gut aussieht um wahr zu sein und zusätzlich Betrug im Spiel ist.

Kolumne von Wolfgang Juds, Geschäftsführer der Credo Vermögensmanagement in Nürnberg

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de