Von Anspruch und Wirklichkeit

05.05.2021

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Hinsichtlich der Bestandsbearbeitung durch die eigene AO klappt bei etlichen Versicherern unabhängigen Beobachtern zufolge nur wenig – allen Errungenschaften der Digitalisierung zum Trotz. Hinsichtlich der Schadenbearbeitung und auch der Makler-Anbindung ist man hingegen schon viele Schritte weiter. Dennoch bleibt auch hier noch so einiges zu tun.

Das Schadenmanagement rückt zunehmend in das Zentrum der Digitalisierungsbestrebungen deutscher Versicherer. Das zeigt eine aktuelle Studie des Digitalisierungsexperten Eucon und der Managementberatung zeb. So hat die Mehrheit der Versicherer bereits eine Digitalstrategie etabliert und mit ihrer Geschäftsstrategie abgestimmt. Dennoch bleibt der Handlungsbedarf bei der ganzheitlichen End-to-End-Digitalisierung und der Integration aller Prozessbeteiligten trotz einer Vielzahl von digitalen Initiativen groß. In der Folge erreichen nur wenige Unternehmen den Reifegrad eines durchgehend digitalisierten Versicherers im Schadenmanagement. Die Studienautoren stellten zudem fest, dass besonders in den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und Data Analytics bisher nicht gehobenes Potenzial schlummert. Hier müssen Versicherer ihre digitalen Kompetenzen weiter ausbauen, um ihren Kunden einen einfachen und schnellen Schadensabwicklungsprozess anbieten zu können. Nur so können sie selbst wettbewerbsfähig bleiben, Bestandskunden halten und Neukunden gewinnen. Michael Rodenberg, Geschäftsführer von Eucon Digital GmbH, sagt: „Dienstleister und Versicherer müssen umdenken, Fragmentierungen auflösen und gemeinschaftlich neue Standards für die Branche anbieten. Gelingt dies, können bisher kaum digitalisierte Bereiche im Schadenmanagement viel schneller und effizienter umgebaut werden.“

Auf der Suche nach Vorbildern

Die Studie zeigte, dass die Digitalisierungsvorhaben der deutschen Versicherer hinsichtlich der Schadenübermittlung durch die Kontaktbeschränkungen zur Einschränkung der Corona-Pandemie noch einmal beschleunigt wurden: Digitale Tools, mit denen Versicherungsnehmer Schadenfälle melden und aufnehmen können, bieten inzwischen 84 % der befragten Versicherer an. Bei knapp jedem fünften von ihnen können Versicherungsnehmer ihre Schadenfälle bereits vollständig digital übermitteln. Etliche Versicherer haben die Digitalisierung von Schadenmeldung und -feststellung angestoßen oder intensiviert.

Versicherer, die diese digitalen Instrumente nicht einsetzen, müssen aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren. Niedriger ist der digitale Reifegrad der befragten Versicherer hingegen im Bereich der digitalen Services und Kanäle zur transparenten Kommunikation des Bearbeitungsstatus. Schadenstatus-Tracking – ähnlich der Sendungsverfolgung von Paketdienstleistern – oder Chatbots bietet hier kaum ein Versicherer an. Und auch im Bereich Schadenabwendung sind konkrete Digitalisierungsprojekte rar: Erst die Hälfte der Versicherer unterbreitet den Kunden Angebote in den Bereichen Smart Home, Telematik oder Gesundheits-Apps. Philip Franck, Practice Lead Insurance bei zeb für die Region DACH, sagt: „Der hohe Stellenwert digitaler Tools zum Nutzen des Kunden ist den Versicherern bewusst. Doch ausgerechnet im Schadenmanagement kommen diese bisher erst langsam zum Einsatz. Das wird sich in Zukunft ändern.“

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