Vom Himmel hoch

28.02.2020

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Noch vor Jahren hieß es häufig, lokale Starkregen-Katastrophen hätten nichts mit einem Klimawandel zu tun. Doch das hat sich mittlerweile geändert, und die Furcht ist groß. Bei den Sachversicherern wegen milliardenschwerer Leistungsfälle und bei Hausbesitzern wegen überfluteter Keller. Letztere haben zudem das Problem, dass die Katastrophen weitestgehend nicht vorhersehbar sind. Also müssen Policen her.

Extreme Regenfälle haben zwischen 2002 und 2017 bundesweit knapp 1,3 Mio. Schäden an Wohngebäuden verursacht. Am häufigsten waren Bewohner in Sachsen betroffen. Dort hatten im Schnitt 133 von 1.000 Wohngebäuden einen Schaden durch besonders starke Regenfälle. Die Beseitigung der Folgen kostete betroffene Hausbesitzer deutschlandweit durchschnittlich 5.293 Euro. Das sind Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojekts des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Starkregenfälle verursachten in Deutschland insgesamt 6,7 Mrd. Euro Schaden. Auch in Berlin (131/1.000 Betroffene) und in Bayern (88/1.000 Betroffene) sorgten die heftigen Niederschläge für viele vollgelaufene Keller, unterspülte Fundamente und durchnässte Wände. Auch wenn der Regen die Bewohner der Landkreise in den vergangenen 16 Jahren unterschiedlich heftig traf: „Unsere Untersuchung zeigt, dass jeder Ort in Deutschland quasi gleich stark von solch gefährlichen Re genmengen bedroht ist“, sagt Andreas Becker vom DWD. „Gegenden, die im Untersuchungszeitraum nur wenige Schäden durch Starkregen erlebten, haben bislang schlicht Glück gehabt.“ Im Gegensatz zum Dauerregen (über zwölf Stunden) gibt es bei den kurzen, heftigen Regengüssen von bis zu neun Stunden eine eher gleichmäßige Verteilung über ganz Deutschland. Das gemeinsame vierjährige Forschungsprojekt, das erstmals Starkregen- und Schadendaten systematisch untersucht hat, zeigt: Gerade diese kurzen, heftigen Niederschläge verursachen besonders viele Schäden. Die Deutschen treffen allerdings nur höchst eingeschränkt Vorsorge. Bundesweit haben lediglich 43 % der Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung und sind somit gegen die Folgen extremer Regenfälle geschützt. „So gut wie jedes Haus ist gegen Sturm und Hagel abgesichert, doch den Schutz gegen extreme Regenfälle haben viele Hausbesitzer bislang vernachlässigt“, sagt Oliver Hauner, GDV-Naturgefahrenexperte. Dabei können die heftigen Regenfälle Häuser bis zur Unbewohnbarkeit beschädigen. Vor diesem Hintergrund fordert der Baukonstruktionsforscher Thomas Naumann eine größere Unterstützung von Gebäudeeigentümern und kleineren Kommunen, um diese besser auf Starkregen vorbereiten zu können. „Starkregen kommt fast ohne Vorwarnzeit, deshalb müssen Kommunen und Gebäudebesitzer diese Ereignisse vordenken und vorplanen.“ Gerade kleine Kommunen hätten bislang kaum Ressourcen, sich ein genaues Bild über die Gefahrenpunkte bei Regenmassen zu machen, ihre Bürger gut zu informieren und dementsprechend besser vorzusorgen, sagt der Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden.

Do-it-yourself

Wenn es auf kommunaler Ebene aber größte Probleme gibt, liegt der Ball bei den Bürgern, über den Abschluss von Elementarversicherungen zumindest die Folgen abzufedern. Roland Stoffels, Chief Insurance Officer P&C Generali, sagt sehr zu Recht: „Die Versicherung der Elementargefahren ist für Hausbesitzer allgemein als sehr wichtig einzustufen, da es sich bei den Elementarrisiken grundsätzlich um Großschadenrisiken handelt.“ Schwere Stürme oder gar Tornados, Überschwemmungen durch Starkregen oder die Ausuferung von Gewässern könnten Schäden in fünfstelliger Höhe bis zu Totalschäden verursachen. Dr. Henning Saxe, Direktor Sachversicherung bei der LVM, ergänzt: „Aufgrund des Klimawandels ist damit zu rechnen, dass Extremwetterereignisse weiter zunehmen werden.“ Allerdings kommt es auch auf das persönliche Bewusstsein an, wie Cornelia Flörcks, Produktentwicklerin Sachversicherungen/Privatkunden bei der R+V Versicherung, verdeutlicht: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die persönliche Betroffenheit eine große Rolle bei der Kaufentscheidung des Kunden für eine Versicherung spielt. Wer bereits einmal einen Schaden durch Überschwemmungen, Schneedruck oder Rückstau hatte, ist eher geneigt, eine Elementarschadenversicherung/Naturgefahrenversicherung abzuschließen.“ Das gelte auch für Kunden, die z. B. durch den Neubau eines Hauses finanziell belastet seien.

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