Vollverschleierung

24.04.2019

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Die Beiträge in der privaten Krankenversicherung steigen Jahr für Jahr. Das tun sie in der GKV aber auch. Und dort sind Leistungsausschlüsse oder -kürzungen an der Tagesordnung, ohne dass die Mitglieder dagegen etwas in der Hand hätten. Preislich kommt hinzu, dass die Kassen in großem Umfang von den Steuerzahlern subventioniert werden – und zwar von allen.

Deutschlands Steuerzahler haben schon eine der höchsten Pro-Kopf-Belastungen weltweit. Dass sie aber nicht nur für den Erhalt der Infrastruktur, die Landesverteidigung, den Soli oder soziale Aufgaben zur Kasse gebeten werden, sondern auch noch für die ohnehin schon mit hohen Beiträgen ausgestattete gesetzliche Krankenversicherung – darüber machen sich die wenigsten Gedanken. Mit rund 321 Euro im Jahr ist im Schnitt jeder Bundesbürger dabei. Und zwar völlig gleichgültig, ob er nun selbst Mitglied der GKV ist oder privatversichert. Dass klingt irgendwie paradox, jedoch müssen die derzeit rund neun Millionen Privatversicherten für mehr Beitragsstabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung sorgen, obwohl sie mit dieser eigentlich gar nichts zu tun haben und auch keine Gegenleistung für ihr Geld bekommen. Jedes Jahr sind sie mit knapp drei Mrd. Euro dabei. So fängt die GKV Kostensteigerungen im Gesundheitswesen nicht nur durch Zusatzbeiträge, sondern auch über Steuerzuschüsse ab. Die PKV hingegen ist auf Beitragssteigerungen und die Alterungsrückstellung angewiesen. Gerecht kann man diese Systematik wohl kaum nennen. Dr. Sebastian Rapsch, Mitglied des Vorstands der DKV Deutsche Krankenversicherung, sieht das zumindest so: „Garant für die gute medizinische Versorgung in Deutschland ist das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Zum Wettbewerb der beiden Systeme gehört auch, dass sich beide Krankenversicherungssysteme unterschiedlich finanzieren. Aus unserer Sicht leistet das Kapitaldeckungsverfahren der PKV einen wichtigen Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Dient ein Steuerzuschuss in der GKV als Ausgleich für versicherungsfremde Leistungen wie z. B. die beitragsfreie Familienversicherung von Kindern, wäre eine analoge Bezuschussung von privat versicherten Kindern sachgerecht.“ Dennoch ist die GKV für immer wiederkehrende Leistungsminderungen bekannt. Als das Neugeschäft in der privaten Vollversicherung an Fahrt verlor und das Gespenst der Bürgerversicherung die Runde machte, stellten viele Beobachter die Frage, ob denn die PKV auch als reine Zusatzversicherung überlebensfähig sei. Betrachtet man die Entwicklung in der GKV und deren Leistungsminderungen, müsste man ohnehin ein starkes Anziehen des privaten Zusatzgeschäfts vermuten. Aber ist das wirklich so? Rapsch bejaht dies und benennt auch gleich ein Beispiel: „Der Markt für Zusatzversicherungen funktioniert und wächst. Die GKV zahlt etwa für Zahnersatz nur einen Festzuschuss. Die Versicherten können in der PKV aus einer Vielzahl an Tarifen auswählen, um ihren zusätzlichen Bedarf im Zahnbereich abzudecken.“ Das hätten sie auch getan. Im Jahr 2017 habe es 15,7 Mio. Zahnergänzungstarife gegeben – eine Steigerung von 45 % seit 2007.

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