Vertriebsverbot von Fonds durch die BaFin?

05.02.2014

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Wieder irrlichtert ein aufgeladenes Wort durch die Branche: das angebliche „Vertriebsverbot" der BaFin für bestimmte Fonds. Die gute Nachricht: Ein Verbot gibt es nicht.

Die schlechte Nachricht: Es gibt wohl tatsächlich einen Bereich im Bermudadreieck zwischen KVG, KAGB und GewO, der bestimmte Fonds für Vermittler nach § 34f Gewerbeordnung derzeit faktisch nicht vermittelbar macht. Im Extremfall droht dem Vermittler theoretisch sogar die Haftstrafe. Die BaFin pocht auf die Buchstaben des Gesetzes und plant, diese rigoros durchzusetzen.

Um es gleich klarzustellen: Derzeit ist die Sachlage um das so genannte „Vertriebsverbot" teilweise noch unklar, die Lage wird sich erst in den nächsten Wochen abschließend klären, wir werden aktuell berichten. Dennoch können wir Ihnen den aktuellen Sachstand skizzieren.

Welches Problem haben wir eigentlich? Und woher kommt es?

Um an dieser Stelle nicht seitenweise Spaghetti-Paragraphen zu

zitieren, hier kurz und knapp und im Wissen, dass wir die rechtlichen

Feinheiten auf nur zwei Seiten nicht würdigen können (die Gesetze

KAGB und KWG sowie Gewerbeordnung sind im Internet nachzulesen):

Das KAGB regelt AIFs (umgangssprachlich „Fonds"). Das KAGB sieht in § 2 Absatz 4 und 5 bestimmte Ausnahmen bzw. Erleichterungen vor, insbesondere eine „Registrierung" anstatt eines Erlaubnisantrags (Zulassung). Für diese AIFs (umgangssprachlich Fonds) ist keine Erlaubnis nach KAGB notwendig, viele Normen des KAGBs gelten für sie nicht. Nennen wir diese AIFs (Fonds) einfach im Folgenden „betroffene Fonds". Das KWG sieht vor, dass man, wollte man manche (Achtung, dies gilt nicht für alle und ist noch nicht abschließend geklärt) dieser „betroffenen Fonds" vermitteln, eine Erlaubnis nach KWG benötigt, sprich ein zugelassenes Finanzdienstleistungsinstitut mit den erforderlichen Erlaubnissen der BaFin. Der Vermittler nach § 34f Gewerbeordnung darf zwar nach Gewerbeordnung gewisse Produkte vermitteln, wie eben diese „betroffenen Fonds". Nach KWG muss aber der Vermittler, um manche (die aktuell problematischen) dieser „betroffenen Fonds" zu vermitteln, zwingend ein BaFin-zugelassenes Finanzdienstleistungsinstitut sein. Rückschluss: Der selbstständige Vermittler nach § 34f GewO, der kein zugelassenes Finanzdienstleistungsinstitut ist, verstößt gegen das KWG, wenn er manche (die aktuell problematischen) dieser „betroffenen Fonds" vermittelt. „Nimmt man die BaFin-Perspektive ein, so gäbe es sicher viele Beteiligungen die vertrieblich auf eine KWG-Erlaubnis hinauslaufen müssten. Der entscheidende Punkt für mich ist aber, dass, wenn ein Vermittler in solchen Fällen ohne KWG-Erlaubnis handelt, er sich nach § 54 KWG sogar strafbar macht – hier stehen Freiheitsstrafen im Raum", erläutert Rechtsanwalt Daniel Blazek die Situation. 

Klar? Nicht? Ist aber wohl derzeit der Standpunkt der BaFin.

Nach Ansicht der Experten handelt es sich um einen Fehler im Gesetzgebungsverfahren. Dies mag so sein, gleichwohl sind die bestehenden Gesetze so lange anzuwenden, bis sie geändert werden. Im Rahmen der Auslegung der gesetzlichen Quellen (Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG i. V. m. § 34f Abs. 1 GewO) ist der Vertrieb von inländischen AIFs durch § 34f GewO-Vermittler wohl nur unproblematisch möglich, wenn die Kapitalverwaltungsgesellschaft bereits über eine Erlaubnis nach §§ 20 und 22 KAGB verfügt oder eine Erlaubnis nach dem InvG vorliegt und die Übergangsvorschriften des KAGBs in Anspruch genommen werden. Folglich besteht diese Problematik für den Gesamtmarkt geschlossener „registrierter" Fonds.

Die Renaissance der stillen Beteiligung? Kein Problem mit der aktuellen Problematik haben Vermögensanlagen, die von so genannten „operativ tätigen Unternehmen" direkt begeben werden. Beispiel: Eine Maschinenfabrik begibt stille Beteiligungen. Der Vermittler nach § 34f darf diese wohl weiterhin problemlos im Auftrag der Maschinenfabrik vermitteln. Sofern jedoch der Private Equity Fonds „X" in die Maschinenfabrik investiert und um diese Investition zu finanzieren eine Beteiligung egal welcher rechtlichen Form begibt, so ist der Vermittler nach § 34f im Hinblick auf diese Beteiligung mitten in der aktuellen Problematik. Ob er diese Beteiligung vermitteln darf, kann ihm nur eine Einzelfallprüfung verbindlich bestätigen. Wer diese verbindlich erbringen kann, ist derzeit jedoch noch nicht ersichtlich.

Flucht in die Tippgeberschaft? Kann sich der Vermittler nach § 34f zunächst „retten", indem er nicht als Vermittler, sondern als Tippgeber auftritt, der einer nach § 2 Abs. 5 KAGB registrierten KVG Kunden weiterleitet, die dann direkt dort abgeschlossen werden? Ja und Nein. Der „Tippgeber" ist seit dem 01.01.2013 erstmals gesetzlich geregelt, und er ist verdammt nah an die Definition des Vermittlers herangerückt. Wir haben uns dazu bei der BaFin erkundigt, sie erklärt uns: „Wer daher nur einen Hinweis auf ein bestimmtes Geschäft über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten gibt, ohne bewusst und final auf den Anleger im Sinne eines zielgerichteten Förderns der Abschlussbereitschaft einzuwirken, erbringt nicht die Anlagevermittlung. Allerdings wird derjenige, der einem Anleger solche Geschäfte vorstellt, weil er mit dem vorgesehenen Vertragspartner eine Provisionsvereinbarung geschlossen hat, in der Regel bewusst und final die Abschlussbereitschaft des Anlegers herbeizuführen versuchen und damit die Anlagevermittlung erbringen." Insofern: Die BaFin hat dieses Hintertürchen im Vertriebsalltag bereits erkannt und sieht es sehr problematisch. Der Vermittler handelt hier mit hohem Restrisiko.

Lösung für freie Vermittler nach § 34f? Die schlechte Nachricht: Es gibt keine gute Nachricht. Für einen Vermittler nach § 34f verkompliziert sich die Lage wesentlich. Die einzig sichere Lösung ist für jedes Produkt eine Einzelfallprüfung, die von einer vertrauenswürdigen und kompetenten Stelle erbracht werden müsste. Noch ist niemand in Sicht, diese Rolle auszufüllen.

Lösung: Vermittlung unter einem Haftungsdach. Als einzig rechtssichere Lösung in jedem Fall stellt sich derzeit nur die Vermittlung unter einem Haftungsdach nach KWG dar, das auch über eine von der BaFin erteilten Erlaubnis für entsprechende Vermittlungsgeschäfte verfügt. Der ehemals unabhängige Vermittler nach § 34f müsste sich in einem solchen Falle einem Haftungsdach anschließen, sich der dortigen Disziplin unterwerfen und nur noch Produkte des Haftungsdachs vermitteln.

_(Christoph Sieciechowicz)

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Bermudadreieck zwischen KVG, KAGB und GewO - Printausgabe 01/2014