Vermittlerschwund durch Corona?
22.07.2020
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Ein Viertel weniger Lebenneugeschäft?
Währen der Rückgang im Kompositgeschäft noch vergleichsweise mild ausfallen dürfte, sieht es im Lebengeschäft ganz anders aus: Hier erwarten die EY Innovalue-Experten Einbußen im Neugeschäft von 23 bis 27 %. Besonders das Einmalbeitragsgeschäft könnte davon betroffen sein. Sehr deutlich dürften auch Produkte der betrieblichen Altersvorsorge die Krise zu spüren bekommen: Gerade dort ist das Neugeschäft zum Teil komplette eingestellt. Die anhaltende Unsicherheit dämpft auch in der privaten Altersvorsorge die Abschlussbereitschaft.
Aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise haben viele Versicherte ihre Verträge storniert oder beitragsfrei gestellt. EY Innovalue erwartet jedoch, dass es aufgrund des höheren Risikobewusstseins in der Biometrie zunächst eine Seitwärtsbewegung geben dürfte und das Geschäft mittelfristig wieder zunehmen dürfte. Zusätzliche Effekte ergeben sich auch angebotsseitig. Abschlussorientierte Vermittler mit Branchenfokus in Leben und Kranken scheiden eher aus dem Markt als Vermittler mit Sachfokus und höheren laufenden Einnahmen.
PKV steht möglicherweise langes Tal bevor
Sehr einschneidend dürfte die Krise für die private Krankenversicherung werden: So erwarten die Experten von EY Innovalue, dass diese im Jahr 2020 um 22 bis 29 % einbrechen wird. Besonders die Vollversicherung dürfte davon betroffen sein. Bis sich der Markt wieder erholt, dürften noch einige Jahre vergehen: Aufgrund der geringen Wechselbereitschaft in die PKV sowie einer Mehrzahl von Insolvenzen und weniger Eintritten in die Selbständigkeit, gehen die EY Innovalue-Experten davon aus, dass die PKV bis 2025 ihr Vor-Krisen-Niveau nicht erreichen wird. Zudem würde die Neugeschäftsentwicklung durch reduzierte Beratungsmöglichkeiten und ein beschleunigtes Ausscheiden abschlussorientierter Vermittler beeinflusst.
Konsolidierung im Vermittlermarkt wird sich fortsetzen
Seit Jahren nimmt die Zahl der Versicherungsvermittler kontinuierlich ab. Dieser Trend dürfte sich durch die Krise noch weiter verstärken. „Der langfristige Trend des direkten Abschlusses wenig beratungsintensiver Produkte sowie der Bedeutungsgewinn von Maklern bleibt weiterhin intakt. Neben dem Einfluss von Covid führen zunehmende regulatorische Anforderungen und vor allem die Überalterung zu rückläufigen Zahlen der aktiven Makler“, so Julia Palte. Gerade Einzelkämpfer der Einzel- und kleineren Mittelstandsmakler würden deutliche Probleme bekommen, auf dem Markt zu überleben. Zudem würde sich bei Pools und Vermittlerorganisationen der Konsolidierungstrend fortsetzen. Deshalb rechnet EY Innovalue, dass bis 2025 18 bis 23 % der Makler aus dem Markt ausscheiden werden. Noch stärker dürften die Rückgänge bei den gebundenen Vermittler ausfallen, die ohnehin schon deutlich stärker vom allgemeinen Vermittlerschwund betroffen sind: Hier rechnen die Experten damit, dass im Jahr 2025 30 bis 34 % weniger Vermittler als aktuell auf dem Markt aktiv sein werden. „Ausschließlichkeitsagenten sind zwar kurzfristig durch die Unterstützung der Versicherer gut gewappnet, gleichwohl bleibt der Trend zum Ausscheiden älterer Vermittler oder von Vermittlern mit hohem Leben-/Kranken-Fokus bestehen. Dies gilt insbesondere, wenn die Vermittler die digitalen Möglichkeiten der Kundeninteraktion nicht nutzen“, so Tobias Schulz, Director bei EY Innovalue. Der Vertriebswegsmix dürfte in den nächsten fünf Jahren aber konstant bleiben. (ah)