Verlieren die Deutschen ihre Angst vor Aktien?
02.03.2018
Dr. Thomas Heidel, Leitung Research Fidal AG / Foto: © Fidal AG
Lieber risikolose, schlecht verzinsliche Anlagen statt lukrative Aktien
Laut der Deutschen Bundesbank präferiert die Mehrheit der Deutschen nach wie vor liquide und risikoarme Anlagen. Ende September 2017 hatten die Bundesbürger 632 Mrd. Euro (das sind 11 Prozent des Geldvermögens) in Aktien und/oder Fonds angelegt. 2270 Mrd. Euro (39 Prozent des Geldvermögens) entfielen auf Bargeld oder Einlagen auf Giro- und Tagesgeldkonten, obwohl damit seit Jahren äußerst magere Renditen erwirtschaftet werden, die nicht einmal den Kaufkraftverlust decken.
Die jüngste Studie der Allianz Versicherung, die seit 2003 regelmäßig das Sparverhalten der privaten Haushalte in neun europäischen Ländern untersucht, zeigt, dass die Vermögensrenditen in Deutschland besonders niedrig sind. Obwohl im Zeitraum 2012 bis 2016 die deutschen Privathaushalte pro Jahr mit 2080 Euro zwar am meisten sparten, wurde damit inflationsbereinigt nur eine reale Rendite von 2,4 Prozent erzielt. Den Finnen, die mehr als ein Drittel in Aktien investieren, gelang die Spitzenrendite von 6,6 Prozent.
Die kürzlich in Zusammenarbeit mit Professoren der London Business School herausgegebene Studie der Credit Suisse über die globalen Investmentrenditen dokumentiert, dass Aktien seit 1900 die lukrativste Anlageklasse waren. Seit 1900 übertrafen weltweit Aktien die Performance von Anleihen um 3,2 Prozent und Schatzbriefe um 4,3 Prozent. Auch mit deutschen Aktien hätte man seit 1900, trotz zweier Weltkriege, einer Hyperinflation und einer Währungsreform eine durchschnittliche Jahresrendite von 3,5 Prozent erwirtschaftet. Mit einer Anlage in deutschen Anleihen wäre ein Minus von einem Prozent erzielt worden.
Die reale Rendite einer US-Aktienanlage hätte sogar im gleichen Zeitraum 6,5 Prozent betragen. Die US-Aktien repräsentieren Ende 2017 mit 51,3 Prozent mehr als die Hälfte der weltweiten Aktienmarktkapitalisierung. Der Anteil des deutschen Aktienmarktes am globalen Aktienmarkt liegt knapp über drei Prozent, fast gleichauf mit China und Frankreich.
Förderung der deutschen Aktienkultur
Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) fordert eine stärker auf Aktien fokussierte Altersvorsorge, wie es in anderen Ländern der Fall ist. Durch den demografischen Wandel wird die Sicherung des Lebensstandards zusätzlich zur staatlichen Rente auf eine ergänzende private und betriebliche Altersvorsorge angewiesen sein. Das DAI fordert die Beseitigung der Doppelbesteuerung von Gewinnen aus Aktien auf der Unternehmens- und Anlegerebene. Größere Freibeträge oder Steuerfreiheiten für Veräußerungsgewinne nach einer bestimmten Haltezeit wären gefragt.
Besonders jüngere Menschen und Bürger mit niedrigerem Einkommen sollten bei der regelmäßigen und langfristigen Aktienanlage unterstützt werden. Schon in der Schule sollte für das „reale“ Leben finanzielle Allgemeinbildung vermittelt werden.
Kolumne von Dr. Thomas Heidel, Leitung Research FIDAL AG in Krefeld