Verhindert strenger Datenschutz die Betrugserkennung?

17.12.2024

Strenger Datenschutz dient dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Menschen. Dennoch wirft er auch Fragen auf, insbesondere in Bezug auf die Effektivität von Lösungen zur Betrugserkennung.

Strenger Datenschutz und Betrugserkennung müssen kein Widerspruch sein. Vielmehr kommt es darauf an, wie die Lösungen implementiert werden. Technologien können durchaus datenschutzkonform gestaltet werden, um gleichzeitig effektiven Schutz vor Betrug zu gewährleisten und den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Strenge Datenschutzbestimmungen erfordern, dass Daten nur im notwendigen Umfang gesammelt und verarbeitet werden, sowie transparente Prozesse etabliert sind, um die Einhaltung dieser Prinzipien zu gewährleisten. Dies bedeutet für eine Betrugserkennungslösung, dass sie so konzipiert sein muss, dass sie nur die notwendigen Informationen verarbeitet und klare Mechanismen zur Pseudonymisierung und Anonymisierung von Daten bietet.

Die Effektivität von Lösungen kann durch Datenschutzvorgaben beeinflusst werden, da diese die Menge und die Art der verarbeiteten Daten einschränken. Jedoch zwingt diese Einschränkung Unternehmen auch dazu, intelligentere Algorithmen zu entwickeln, die mit weniger Daten auskommen und dennoch hohe Erkennungsraten aufweisen. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen können solche Lösungen weiterhin effektiv arbeiten, ohne die Privatsphäre der Betroffenen zu gefährden.

Strenger Datenschutz gibt also vielmehr den Rahmen vor, innerhalb dessen Lösungen datenschutzkonform und effektiv gestaltet werden können. Lösungsanbieter müssen in der Lage sein, ihre Systeme entsprechend zu optimieren und datenschutzkonforme Lösungen anzubieten, die sowohl den Schutz der Kunden als auch die Bedürfnisse von Versicherungsunternehmen berücksichtigen.

Hat Deutschland das höchste Datenschutzniveau in der EU?

Deutschland wird oft als eines der Länder mit dem höchsten Datenschutzniveau in der EU betrachtet, aber ob das tatsächlich so ist, ist schwer zu sagen. Die EUDatenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gilt für alle EU-Mitgliedstaaten und stellt sicher, dass es ein hohes, einheitliches Datenschutzniveau gibt. Jedoch kann die nationale Umsetzung der DSGVO variieren, und Deutschland hat in vielen Bereichen strenge nationale Datenschutzgesetze, wie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), die über die Anforderungen der DSGVO hinausgehen.

Deutschland hat eine lange Tradition eines starken Datenschutzes, der auf die Erfahrungen der Überwachung durch den Staat in der Geschichte (z. B. in der DDR) zurückzuführen ist. Dies hat zu einer besonderen Sensibilität geführt, was den Schutz personenbezogener Daten betrifft. Dennoch gibt es andere EU-Länder wie z. B. die Niederlande und Finnland, die ebenfalls für ihre strengen Datenschutzpraktiken bekannt sind.

Inwieweit torpediert der Datenschutz die Betrugserkennung?

Strenge Datenschutzbestimmungen erfordern, dass Daten nur im notwendigen Umfang gesammelt und verarbeitet werden, sowie transparente Prozesse etabliert sind, um die Einhaltung dieser Prinzipien zu gewährleisten. Dies bedeutet für eine Betrugserkennungslösung, dass sie so konzipiert sein muss, dass sie nur die notwendigen Informationen verarbeitet und klare Mechanismen zur Pseudonymisierung und Anonymisierung von Daten bietet.

Allerdings können Datenschutzregelungen die Effektivität der Betrugserkennung beeinflussen, indem sie die Menge und Art der verarbeiteten Daten einschränken. Wenn beispielsweise bestimmte personenbezogene Daten nicht gespeichert oder verarbeitet werden dürfen, kann dies dazu führen, dass potenziell relevante Informationen für die Betrugsanalyse fehlen. Dies kann in einigen Fällen die Präzision und den Umfang der Erkennungsalgorithmen mindern. Trotzdem zwingt diese Einschränkung Unternehmen auch dazu, intelligentere Algorithmen zu entwickeln, die mit weniger Daten auskommen und dennoch hohe Erkennungsraten aufweisen.

Durch den Einsatz von KI und maschinellem Lernen können solche Lösungen weiterhin effektiv arbeiten, ohne die Privatsphäre der Betroffenen zu gefährden. Hier liegt der Schlüssel in der Balance zwischen Datensparsamkeit und der notwendigen Datenverarbeitung zur Gewährleistung einer wirksamen Betrugserkennung.

Wie ist es möglich, eine geeignete Technologie mit oder ohne anonymisierte Daten zu entwickeln?

Eine geeignete Technologie zur Prävention von Versicherungsbetrug kann sowohl mit anonymisierten als auch mit personenbezogenen Daten entwickelt werden. Der Einsatz von anonymisierten Daten ermöglicht es, Muster und Auffälligkeiten zu erkennen, ohne direkte Rückschlüsse auf einzelne Personen zuzulassen. Anonymisierungstechniken wie Hashing, Tokenisierung oder das Entfernen persönlicher Identifikatoren können dabei verwendet werden. Alternativ kann auch die Aggregation von Daten helfen, durch zusammengefasste Informationen nützliche Einblicke zu gewinnen.

Darüber hinaus kann der Einsatz von KI Modelle hervorbringen, die auf generalisierten Mustern und statistischen Analysen basieren, wodurch eine effektive Betrugserkennung auch mit weniger spezifischen Daten möglich ist. Diese Modelle können auf Trainingsdaten basieren, die entsprechend anonymisiert wurden, und sind in der Lage, verdächtige Muster zu identifizieren, ohne sensible persönliche Daten zu verarbeiten.

Betrug schadet der Versicherungsgemeinschaft. Muss der Datenschutz reformiert werden?

Betrug schadet der Versicherungsgemeinschaft in erheblichem Maße, da er nicht nur zu finanziellen Verlusten der Versicherungsunternehmen führt, sondern letztlich auch zu höheren Prämien für alle Versicherten. Diese Problematik wirft die Frage auf, ob der bestehende Datenschutz reformiert werden muss, um eine effektivere Betrugserkennung zu ermöglichen.

Die DSGVO setzt hohe Standards zum Schutz personenbezogener Daten. Gleichzeitig kann die strikte Anwendung dieser Vorgaben die Effektivität von Betrugserkennungssystemen einschränken, da der Zugriff auf bestimmte personenbezogene Daten eingeschränkt ist.

Es stellt sich die Frage, ob es sinnvoll wäre, den Datenschutz in bestimmten Bereichen gezielt zu reformieren, um eine Balance zwischen dem Schutz der Privatsphäre und der Notwendigkeit einer wirksamen Betrugsbekämpfung zu schaffen. Eine solche Reform könnte z. B. spezielle Regelungen enthalten, die es ermöglichen, unter strengen Auflagen bestimmte Daten zu nutzen, um Betrug zu verhindern. Dies könnte in Form von Ausnahmeregelungen geschehen, die nur dann greifen, wenn ein berechtigtes Interesse an der Betrugsprävention besteht und geeignete Schutzmaßnahmen wie Anonymisierung oder Pseudonymisierung gewährleistet sind.

Es ist wichtig zu betonen, dass eine solche Reform nicht den umfassenden Datenschutz aufweichen sollte, sondern vielmehr darauf abzielen müsste, eine ausgewogene Lösung zu schaffen. Eine gezielte Anpassung der Datenschutzbestimmungen könnte dazu beitragen, die Versicherungsunternehmen bei der Betrugsbekämpfung zu unterstützen, ohne die Grundrechte der Versicherten zu gefährden.

Ab welcher Schadenshöhe ist eine KI-Anwendung sinnvoll?

Grundsätzlich ist die Implementierung von KI-Technologie zur Betrugsprävention dann gerechtfertigt, wenn der potenzielle Nutzen die Kosten der Implementierung und Wartung übersteigt.

Bei der Festlegung einer Schwelle sollte bedacht werden, dass sich Betrugsfälle nicht immer auf hohe Schadenssummen beschränken. Kleinere Betrügereien in großer Anzahl können ebenso erhebliche finanzielle Auswirkungen auf Versicherungsunternehmen haben. Daher kann es sinnvoll sein, KI-Anwendungen auch bei Schadenshöhen einzusetzen, die auf den ersten Blick nicht signifikant erscheinen, um diese kumulativen Effekte zu minimieren.

In der Praxis setzen viele Versicherungsunternehmen KI-basierte Lösungen zur Analyse von Mustern und zur Erkennung von Auffälligkeiten bereits bei mittleren Schadenshöhen ein, z. B. ab 1.000 bis 5.000 Euro. Diese Schwelle kann je nach Unternehmen, der Art der Versicherung und der historischen Datenlage variieren. Die KI kann durch den Einsatz von Machine-Learning-Algorithmen erkennen, welche Merkmale auf Betrug hinweisen, und so eine gezielte Prüfung auslösen, die zur effizienten Nutzung von Ressourcen beiträgt.

Für Schadenshöhen, die unterhalb dieser Schwellen liegen, können einfachere regelbasierte Systeme oder Stichprobenprüfungen ausreichen. Ab einer bestimmten Schadenshöhe jedoch, bei der das finanzielle Risiko für das Unternehmen steigt, wird der Einsatz einer KI-Anwendung zunehmend lohnend.

Welche Schadensbereiche sind am anfälligsten?

Die Anfälligkeit für Versicherungsbetrug variiert je nach Versicherungssparte und Art der abgedeckten Risiken. Bestimmte Schadensbereiche und Versicherungssparten sind aufgrund ihrer Struktur, der Höhe der Versicherungsleistungen und der Art der Schadensmeldungen besonders anfällig für Betrug. Hier sind einige der am meisten betroffenen Bereiche:

1. Kfz-Versicherung: Typische Betrugsarten sind inszenierte Unfälle, bei denen die Beteiligten absichtlich Zusammenstöße verursachen, um Schadensersatzforderungen geltend zu machen. Auch manipulierte Reparaturrechnungen, die überhöhte Kosten aufweisen, und vorgetäuschte Verletzungen gehören zu den gängigen Methoden. Die hohe Anfälligkeit rührt daher, dass es einfach ist, Unfallhergänge zu fälschen und die Schadensfeststellung komplex sein kann.

2. Sachversicherung (Hausrat und Wohngebäude): Betrügerische Schadensmeldungen umfassen inszenierte Einbrüche, gestohlene Wertgegenstände und absichtlich herbeigeführte Schäden wie Brandstiftung. Der Grund für die hohe Anfälligkeit liegt in der Schwierigkeit, den wahren Schadenshergang zweifelsfrei zu belegen.

3. Haftpflichtversicherung: In dieser Sparte können fingierte oder übertriebene Haftpflichtansprüche vorkommen, z. B. wenn Schadensereignisse vorgetäuscht oder übertrieben werden, um Leistungen zu erhalten. Die oft subjektive Natur der Schadensmeldungen und die mögliche Schwierigkeit, die Realität des Anspruchs zu überprüfen, tragen zur Anfälligkeit bei.

4. Reiseversicherung: Fingierte Gepäckverluste, manipulierte Abrechnungen von Auslandsbehandlungen und gefälschte Belege für nicht angetretene Reisen.

5. Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung: Die Prüfung der Anspruchsberechtigung ist komplex und die potenziellen Leistungen hoch. Es kommt vor, dass Antragsteller Gesundheitsangaben manipulieren oder vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit vorweisen.

6. Krankenversicherung: Übertriebene oder komplett fingierte Verletzungen und Behandlungen. Besonders in der privaten Krankenversicherung sind gefälschte Rechnungen und betrügerische Abrechnungen für medizinische Leistungen verbreitet. Die Anfälligkeit einer Versicherungssparte für Betrug hängt stark von der Prüfungsgenauigkeit, der Komplexität der Schadensabwicklung und der potenziellen Schadenshöhe ab.

Wie hoch sind die Kosteneinsparungen?

Die Kosteneinsparungen durch Betrugspräventionslösungen können erheblich sein und hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art der Versicherung, die implementierten Präventionsmaßnahmen und die bestehende Betrugshäufigkeit.

Versicherungsunternehmensberichten von signifikanten Einsparungen, die sich aus der Reduktion betrügerischer Ansprüche und einer verbesserten Effizienz bei der Schadensbearbeitung ergeben.

1. Reduzierung betrügerischer Schadensforderungen: Studien und Erfahrungsberichte zeigen, dass durch den Einsatz von KI-gestützten Betrugserkennungslösungen Betrügerquoten um bis zu 30% oder mehr gesenkt werden können.

2. Optimierung der Schadensbearbeitung: Automatisierte Systeme können verdächtige Fälle schneller identifizieren, wodurch die Bearbeitungszeit verkürzt und die Ressourcen der Schadenabteilungen besser genutzt werden.Dies führt zu indirekten Einsparungen durch geringeren Personalaufwand und höhere Bearbeitungsgeschwindigkeit.

3. Langfristige Auswirkungen: Durch die Implementierung von Betrugspräventionssystemen können Versicherungsunternehmen ihre Prämien stabil halten oder sogar senken, was zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit führt. Die verbesserte Detektion und Vorbeugung von Betrug erhöht zudem das Vertrauen in die Versicherung und reduziert die Gesamtkosten der Schadensregulierung.

Konkrete Zahlen zu den Einsparungen können je nach Region und Versicherungssparte variieren. Laut Branchenschätzungen kann eine gut implementierte Betrugspräventionslösung Einsparungen in Höhe von mehreren Millionen Euro pro Jahr bedeuten, abhängig von der Größe des Versicherungsunternehmens und dem Ausmaß der ursprünglichen Betrugsproblematik.

Betrugspräventionslösungen bieten erhebliche finanzielle Vorteile, indem sie nicht nur die direkten Kosten betrügerischer Schadensfälle senken, sondern auch die Effizienz der Arbeitsabläufe verbessern und langfristig zu einer stabileren Versicherungslandschaft beitragen.

Gastbeitrag von Nicola Virzi, Sales Director bei FRISS Betrugsprävention.