Verheißungsvolles Jahr 2018
06.12.2017
Christan Heger, Chief Investment Officer HSBC Global Asset Management (Deutschland) / Foto: © HSBC
Notenbanken pumpen weiter Liquidität in den Markt
Heger kann auch keine Hinweise auf einen deutlichen Anstieg der Inflation erkennen. In den Industrieländern haben die meisten Notenbanken ihre Zielmarke von 2 % noch immer nicht erreicht. „Für eine Inflationsbeschleunigung müssten die Löhne stärker steigen. Darauf gibt es trotz ausgelasteter Arbeitsmärkte in den USA, Japan und Deutschland zurzeit keine Hinweise“, sagt Heger. Er sieht hierfür strukturelle Gründe, wie die Digitalisierung, deren Auswirkungen vor allem die Lohnverhandlungen für Arbeitnehmer im Dienstleistungsbereich erschweren würden.
Der fehlende Inflationsdruck ermöglicht den Notenbanken, sich bei ihrem Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik weiterhin Zeit zu lassen. Der in den vergangenen Jahren durch Anleihekäufe aufgebaute Liquiditätsberg dürfte zunächst noch moderat anwachsen. Das Bild könnte sich jedoch im vierten Quartal drehen, wenn der geplanten Rückführung der US-Notenbankbilanz um monatlich 50 Mrd. Dollar und dem möglichen Ende des Ankaufprogramms der EZB nun noch die Käufe der japanischen Notenbanken gegenüberstünden. „Für die liquiditätsverwöhnten Kapitalmärkte könnten durchaus Entzugserscheinungen drohen“, so Heger. Die tatsächlichen Zinserhöhungen dürften nur sehr zurückhaltend ausfallen. Heger rechnet in den USA mit einem Zinsschritt im Dezember 2017 und mit ein bis zwei Erhöhungen 2018. Für die EZB ist der erste Zinsschritt erst 2019 zu erwarten.
Aktien sind 2017 in der Bewertung nicht teurer geworden
Von Seiten der Notenbanken müssen die Aktien Heger zufolge keine Gefahr fürchten. Vielmehr erhielten sie Rückenwind durch die gute Konjunktur, die die Gewinne der Unternehmen ansteigen lässt. „Wir bleiben bei Aktien übergewichtet“, sagt Heger und erwartet, dass sich der Gewinnzyklus 2018 fortsetzt. „Eine Überbewertung oder gar eine Blase kann ich noch nicht erkennen. Die Kursanstiege in diesem Jahr sind vor allem auf die Unternehmensgewinne zurückzuführen“, so Heger. Bei 8 bis 12 % dürfte das Gewinnwachstum für 2017 in der Eurozone und den USA liegen. Der Zehn-Jahres-Zins ist auf ähnlichem Niveau wie zu Jahresanfang. „Die Bewertung der Aktien hat sich in diesem Jahr also nicht verteuert, und insbesondere gegenüber Anleihen sind Aktien immer noch sehr attraktiv “, schlussfolgert Heger.
Ansprechende Risikoprämien können Anleger in der Eurozone, Japan und anderen asiatischen Ländern finden. „Wir sind zwar in der Spätphase des Aufschwungs. Aber das ist kein Grund, bereits jetzt aus Aktien auszusteigen. Für 2018 sind durchaus noch zweistellige Kursgewinne möglich“, meint Heger, der gegenüber Rohstoffländern vorsichtig ist. Der HSBC-Experte erwartet, dass China in den nächsten Jahren weniger auf Wachstum um jeden Preis setzt, sondern Präsident Xi Jinping die Schuldensituation entschärft und seine Reformagenda angeht. Folglich würden die Investitionen in Infrastruktur und Immobilien sinken, was weniger Rückenwind für Rohstoffe bedeutet.
Risikoprämien sind in den meisten Anleihesegmenten nicht mehr ausreichend
Deutlich pessimistischer als für Aktien ist Heger bei den Anleihen, auch wenn er nur mit leicht steigenden langfristigen Zinsen rechnet.„Trend-Segmente aus 2017, wie Eurozonen-Unternehmensanleihen aus dem Investmentgrade- und dem High-Yield-Bereich, haben Attraktivität eingebüßt. Durch die Käufe der EZB sind die Risikoprämien hier nicht mehr ausreichend“, urteilt Heger. Im Anleihesegment ist Feinjustieren das Gebot der Stunde. „Wir erwarten zumindest vergleichsweise gute Chancen bei Emerging-Markets-Anleihen oder in spezielleren Segmenten wie inflationsindexierten Bonds und Wandelanleihen. Staatsanleihen aus Industrieländern sollten allerdings im Portfolio als Versicherung gegen Kurseinbrüche am Aktienmarkt nicht ganz fehlen“, erläutert Heger seinen Allokationsansatz für das kommende Anlagejahr. (ahu)