Vergleiche zu Betriebsunterbrechungsversicherung unwirksam?

01.07.2020

Rechtsanwalt Tobias Strübing / Foto: © Wirth Rechtsanwälte

Sachlage anlog zu BU?

In ihrer Rechtsauffassung sieht sich die Kanzlei Wirth Rechtsanwälte durch ein BGH-Urteil zur Berufsunfähigkeitsversicherung bestätigt. Gestützt auf § 242 BGB hat der BGH entschieden, dass Versicherer wegen der besonderen Ausgestaltung dieser Versicherung nach Treu und Glauben gehalten sind, ihre überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen, sich also ehrlich, redlich und professionell verhalten müssten. Dass dieses Urteil analog auf die Betriebsschließungsversicherung angewandt werden kann, begründet die Kanzlei Wirth Rechtsanwälte damit, dass diese, wie auch die BU-Versicherung, für den Arbeitnehmer existenzielle Bedeutung habe und eine beiderseits interessengerechte Vereinbarung über die Leistungspflicht setze ein lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken der Vertragspartner voraus, das auf Ergebnisse abziele, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen. Demnach seien solche Vergleiche nur zulässig, wenn zum einen Unsicherheiten über die Leistungspflicht bestünden, zum anderen, wenn der Versicherungsnehmer ausführlich über die mit dem Vergleich zusammenhängenden Nachteile aufgeklärt würde. Mit der Aufklärungspflicht will der BGH sicherstellen, dass ein Kunde eigenverantwortlich darüber entscheiden kann, ob er auf das Vergleichsangebot eingeht.

„(…) „Derartige Vereinbarungen setzen eine noch unklare Sach- und Rechtslage sowie vor ihrem Abschluss klare, unmissverständliche und konkrete Hinweise des Versicherers dahingehend voraus, wie sich die vertragliche Rechtsposition des Versicherungsnehmers beurteilt und wie diese durch den Abschluss der Individualvereinbarung verändert oder eingeschränkt wird.“ (…)," so die Forderung des BGH.

„Wir halten diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch mit Blick auf Paragraf 1a VVG klar auf die aktuellen Betriebsschließungsfälle übertragbar“, meint Tobias Strübing. „Ähnlich, wie in den Fällen der Berufsunfähigkeitsversicherung, hat auch eine Betriebsschließung häufig existenzielle Bedeutung. zudem dürfte durch die Bezugnahme auf das Infektionsschutzgesetz und die unterschiedlichen Möglichkeiten entsprechender Schließungsverfügungen für einen in Versicherungsfragen unerfahrenen Versicherungsnehmer die Einschätzung des Versicherungsfalls ebenso schwierig machen, wie in der Berufsunfähigkeitsversicherung.“

Damit waren die meisten Versicherer aber verpflichtet Ihre Kunden „klar, unmissverständlich und konkret“ darauf hinzuweisen, dass bestenfalls Zweifel über den Leistungsanspruch bestehen. Ebenso klar und deutlich hätten sie zudem darauf hinweisen müssen, dass die Annahme des Vergleiches auch zu einer nachteiligen Vertragsanpassung dergestalt führt, dass SARS Cov-2 nicht mehr versichert ist. Denn genau solche Klauseln, die im Ergebnis zu einer Vertragsänderung führen, enthalten viele Vergleichsangebote.

„Diesen Anforderungen entsprechen die meisten Vergleichsangebote nicht. Sie enthalten bestenfalls sehr allgemeine Ausführungen zu Rechtslage und weisen in keinem der uns bekannten Fälle darauf hin, dass mit dem Vergleich auch eine nachteilige Vertragsanpassung verbunden ist“, so Strübing, weiter. „Kunden, die solche Vergleiche abgeschlossen haben, raten wir diese von einem spezialisierten Fachanwalt prüfen zu lassen und auch die weitere Versicherungsleistung zu fordern.“ (ahu)