Vergleiche zu Betriebsunterbrechungsversicherung unwirksam?

01.07.2020

Rechtsanwalt Tobias Strübing / Foto: © Wirth Rechtsanwälte

Wohl noch niemals zuvor haben so viele Unternehmen gleichzeitig Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung beantragt. Vielen Kunden wurde ein Vergleich angeboten – diese sind aber nicht immer rechtlich haltbar. Hoffnung macht ein BGH-Urteil bezüglich einer anderen Art von Versicherung.

Über Wochen hinweg waren wegen den Anti-Corona-Maßnahmen Hotels, Gaststätten, Kitas, Läden etc. geschlossen. Für die in dieser Zeit erlittenen Umsatzausfälle wollten viele Gewerbetreibende Leistungen aus ihrer Betriebsschließungsversicherung haben – und bekamen sie nicht: Stattdessen boten die Versicherer häufig inakzeptable Zahlungsangebote oder drohten mit der Kündigung der Police.

Sehr relevant war in diesem Zusammenhang der sogenannte „bayerische Kompromiss“, der zwischen dem bayerischen Wirtschaftministerium, mehreren Versicherern sowie dem DEHOGA Bayern e.V. und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. geschlossen wurde (finanzwelt berichtete). Grundlage der Vereinbarung war, dass ca. 70 % der finanziellen Ausfälle der betroffenen Betriebe von Bund und Ländern per Kurzarbeitergeld und Soforthilfen übernommen werden, von den restlichen ca. 30 % würden die Versicherer ihren betroffenen Kunden gegenüber ca. die Hälfte übernommen. Nach Aussagen der Versicherungswirtschaft hätten viele Kunden diese Angebote angenommen. „Diese Vergleiche dürften in sehr vielen Fällen treuwidrig und damit unwirksam sein. Kunden können daher trotz des Vergleiches auch weiterhin die volle Versicherungsleistung verlangen“, meint nun Tobias Strübing, Partner der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte und Fachanwalt für Versicherungsrecht.

So dürften die meisten Vergleich gegen Paragraf 1a Absatz 1 Ziffer 4 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verstoßen. Diese Regelung wurde von gut 2 Jahren in das VVG eingeführt und verpflichtet die Versicherer gegenüber ihren Kunden stets ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichen Interesse zu handeln. So muss der Versicherer seinen Kunden also wahrheitsgetreu informieren, darf ihn nicht täuschen und nicht allein zu seinem eigenen Vorteil beeinflussen. Das kann Grundlage dafür sein, erkennbar unwirksame Bedingungen nicht weiter zu verwenden oder sich auf sie nicht zu berufen oder beispielsweise den Kunden darauf hinzuweisen, dass noch weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden können.

Warum eine Entscheidung zum Thema BU-Versicherung für Klarheit sorgen könnte, lesen Sie auf Seite 2