„Verflucht, alle zerren an mir!“

29.07.2024

Nikola Doll. Foto: www.doll-beratung.de

Das permanente „Müssen“ hinterfragen

Das schien Huber einleuchtend. Doch schnell kam er an den Punkt: „Aber wenn die Geldgeber ..., dann muss ich doch ....“ An diesem Punkt blieb er hängen, denn er musste auch „Wenn die Kollegen...“, „Wenn die Kunden...“ usw.. Nur bei seiner Familie musste er nicht – die konnte warten.

Mein Auftraggeber Was fordert er? Was bin ich bereit zu tun?

• Vorstand

• Kollegen

• Mitarbeiter

• Eigener Anspruch

• Liegt mein Gefühl im Arbeitsalltag „Ich muss …“ auch daran, dass ich glaube, dass die Geldgeber/Kunden schrecklichere Sanktionsmöglichkeiten als meine Familie haben?

• Wie sehen die Sanktionen meiner Familie, Freunde usw. aus, auch wenn ich diese nicht sofort spüre

Es dauerte einige Zeit, Herrn Huber durch Fragen zur neuen Sicht zu führen: „Ich muss nicht (zumal ich finanziell schon weitgehend abgesichert bin). Es ist stets meine

Daraufhin begann Huber, die Forderungen in einem neuen Licht zu sehen. Er ordnete und priorisierte sie neu und formulierte für sich Regeln, wie er künftig mit unvereinbaren Forderungen umgehen wolle.

Der eigene Anspruch

Wie aber sollte Herr Huber mit dem Auftraggeber „eigener Anspruch“ umgehen? „Der kann ja anders als die Geldgeber oder Kunden mein Verhalten nicht sanktionieren.“ „Wirklich?“, fragte ich nach. „Wie fühlen Sie sich, wenn Sie gegenüber einem Mitarbeiter oder externen Partner Ihre ganze Routine und Macht ausspielen und an die Grenze der Fairness gehen?“ Huber wurde nachdenklich: „Sehr bescheiden bzw. mies, zumindest als Mensch.“ Der eigene Anspruch an sich als Mensch wirkt also auf Huber wie ein Auftraggeber, nur auf einer anderen Ebene. Doch leider kennen wir ihn meist nicht genau.

Also bat ich Herrn Huber, sich seinen eigenen Anspruch als „inneren Auftraggeber“ bildhaft vorzustellen. Er nannte ihn „mein Werte-Anwalt“ und analysierte, welche Forderungen dieser an ihn stellt, bevor er schließlich für sich nüchtern klärte, inwieweit er dessen Forderungen künftig entsprechen wolle.

Nachdem Huber dies geklärt hatte, wurde er ruhiger. Sein innerer Druck ließ nach, denn er hatte wieder einen roten Faden. Daraufhin formulierte Huber für sich fünf Schritte, wie er künftig, wenn der Druck steigt, zunächst analysieren wolle, welchen Forderungen er entsprechen möchte und welchen nicht, statt nur zu reagieren (Grafik 5). Danach fühlte er sich für den (Führungs-)Alltag wieder gewappnet.

Die Einstellung und das Verhalten nachhaltig ändern

Trotzdem entschied Herr Huber, sich in den kommenden Monaten weiterhin in regelmäßigen Abständen coachen zu lassen, um im Berufsalltag einen „externen Sparringpartner mit neutralem Blick“ zu haben. Denn aus Erfahrung wusste er: Ansonsten ist die Gefahr groß, dass ich in Stresssituationen wieder in meine alten, über Jahre antrainieren Verhaltensmuster zurückverfalle und die von mir angestrebten Einstellungs- und Verhaltensänderungen nicht nachhaltig sind. Das gab ihm das gewünschte Gefühl der Sicherheit.