V – Erholung, WW – Volatilität oder L – Stagnation?

15.04.2020

Jean-Marie Mercadal, Chefanlagestratege bei OFI Asset Management / Foto: © OFI

Wie sieht der Krisenverlauf aus? V, L, U oder WW? Das ist hier die entscheidende Frage. Jean-Marie Mercadal, CIO von OFI Asset Management erläutert, welches Szenario der Markt in die Anleihekurse aktuell einpreist:

“Der günstigste Wirtschaftsverlauf wäre ein V-förmiger Aufschwung. Dabei geht man davon aus, dass die Krise mit einem eventuellen Höhepunkt der Epidemie in den USA noch einige Monate dauern wird, dass die Dienstleistungs- und Industrielandschaft aber strukturell intakt bleibt. Das heißt, die Zahl der Unternehmenskonkurse wird begrenzt sein. In diesem Fall kann sich die Wirtschaft schnell erholen, weil es ein Nachholeffekt gibt und zuvor stornierte oder aufgeschobene Aufträge schnell abgearbeitet werden können. Zu berücksichtigen dabei ist jedoch, dass Dienstleistungsbranchen wie Tourismus, Restaurants, Friseure etc. die entgangenen Umsätze nicht aufholen können. Bedingung für das V-Szenario ist, dass die Preise für Öl und die Leitzinsen niedrig bleiben.

Im ungünstigsten Fall wird sich unsere Wirtschaft in L-Form entwickeln. Das wäre dann der Fall, wenn sich das Coronavirus in einem größeren Maß in Ländern wie Brasilien oder Indien ausbreitet oder noch einmal in Asien gehäuft auftritt. Dann würde das Wachstum über einen langen Zeitraum lahmliegen. Denkbar wäre auch, dass durch die Verbreitung des Virus im Westen China weniger Aufträge aus Europa und den USA bekäme und dadurch in seiner eigenen Wirtschaftserholung ausgebremst würde.

Diese Krise ist anders als alle, die wir bisher erlebt haben, und das macht es schwierig, eine klare Antwort für die Zeit danach zu geben. Zwischen den zwei beschriebenen Extremen kann es viele unterschiedliche Szenarien geben. Gewiss scheint im Moment nur, dass die Krise irgendwann ein Ende nehmen wird.

Wie sich die Situation auf den Anleihemärkten entwickeln könnte, lesen Sie auf Seite 2