Unverhofft kommt oft
25.10.2019
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Während das Personenversicherungsgeschäft vielfach stagniert, erfreuen sich Schadenversicherer dynamischer Zuwächse beim Neugeschäft. Vergleichsportale und andere Start-ups treiben den Vermittlungstrend an, indem sie Firmen- und Privatkunden nötigen Versicherungsschutz mit vermeintlich wenigen Klicks anbieten. Ob Portale und Call-Center mit Ferndiagnosen die zunehmend komplexeren Schadenthemen immer geeignet einstufen, bleibt allerdings offen. Demgegenüber sind auch freie Vermittler vor negativen Schadenentwicklungen im Bestand nicht gefeit. Ein herausforderndes Thema für Versicherer und Berater.
Im Idealfall ist eine erfolgreiche Dunkelverarbeitung für die Branche mehrwertbehaftet – immerhin verspricht der Geschäftsprozess Vermittlern, Versicherern und Versicherten zügige Vertragsabschlüsse und kurze Schadenbearbeitungszeiten. Fix erhalten Endkunden durch die automatisierten Prozesse passende Versicherungsscheine und schnellere Leistungsauszahlungen im Schadenfall. Auch die (digitalen) Vermittler erfreut das fortschrittliche System, erleichtert es doch erheblich den Beratungs- und Vermittlungsaufwand. Nicht selten vergleichen Privat- und Firmenkunden gar eigenständig kurz die Konditionen per App bzw. im angebotenen Portal des Vermittlers oder der Gesellschaft. Algorithmen steuern die Vermittlungsvorgänge und sollen dazu beitragen, dass der ausgewählte Versicherungsschutz nach nur wenigen Ankreuzfragen gefunden und abgeschlossen werden kann. Unterschriften auf Tablet-Displays runden komplexe Vorgänge ab. Erfordern Angaben jedoch den Expertenblick, sollten diese auf dem Bearbeitungstischen der Assekuranz landen. Denn bereits kleine unentdeckte Lücken in digitalen Kundenselbstdiagnosen zum Versicherungsschutz führen sonst ins Leistungs-Off.
Computerglaube mit Deckungslücken
Tendenziell wählen Endkunden in einem solchen Prozedere beitragsorientiert. Stellen Versicherer bspw. 3, 5, 10 oder 20 Mio. Euro Haftpflichtdeckungssumme zur Internetwahl, entscheidet sich ein signifikanter Kundenteil für (zu) geringe Deckungssummen. Verschuldete Feuer- und Personenschäden knacken schnell die Zehn-Millionen-Euro-Grenze. Auch beim vermeintlich „einfach zu bewerkstelligen“ Hausratversicherungsschutz ist schnell die billige Versorgungsvariante gewählt. Mit dem Mindestschutz pro m² Wohnfläche zum Unterversicherungsverzicht läuft der Hausratschutz bei Großschäden aus dem Ruder. Natürlich bieten Portale unterstützenden Support über telefonischen Weg, Bots oder via Mail bei Fragen an. Doch manch Digital Native verzichtet auf diesen Service. Bleiben folglich Beitragsersparnisse hauptsächliches Auswahlkriterium, führt das unablässige Drehen an der Preisschraube zu höheren Schadenquoten. Konstant niedrige Beiträge finanzieren die aufgrund Inflation und Fortschritt kontinuierlich steigenden Schadensummen in immer enger werdenden Grenzen. Fast zwangsläufig kürzen Versicherer irgendwann entweder Leistungen und Provisionen oder sanieren schadenbelastete Bestände.
In welchem Moment der Computerglaube der Kunden endet, erfahren Sie auf Seite 2