„Unser Anspruch ist es, in allen Vertriebskanälen ein starker Player zu sein“

04.07.2024

Dr. Rolf Wiswesser (li.), Vorstand Sachversicherung Maklervertrieb der Allianz Versicherungs-AG, im Interview mit Markus Hofelich, Ressortleiter Versicherungen bei finanzwelt / Foto: © Allianz

Im Kompositbereich ist die Allianz bereits seit langem sehr stark im großen Industriegeschäft. Seit einigen Jahren hat der Konzern auch den Vertrieb privater Sachversicherungen und das kleingewerbliche Geschäft über Makler immer weiter ausgebaut. Im Interview zieht Dr. Rolf Wiswesser, Vorstand Sachversicherung Maklervertrieb der Allianz Versicherungs-AG, ein Zwischenfazit. Zudem spricht er über seine Vertriebsstrategie, die Bedeutung der Makler, Bereiche mit dem größten Wachstumspotenzial und über die Zukunft des personengebundenen Versicherungsvertriebs.

finanzwelt: Herr Dr. Wiswesser, welchen Stellenwert hat der Bereich Sachversicherung bei der Allianz, weltweit und in Deutschland?

Dr. Rolf Wiswesser» Der Kompositbereich – bestehend vor allem aus dem Industriegeschäft und privaten Sachversicherungen – spielt für uns global eine bedeutende Rolle. Die Allianz Gruppe (Allianz SE) ist in mehr als 70 Ländern vertreten und einer der größten Finanzdienstleister der Welt. Vom globalen Gesamtumsatz 2023 der Allianz SE in Höhe von mehr als 160 Mrd. Euro macht das Kompositgeschäft mit 47 % knapp die Hälfte aus. Ungefähr 15 % des Sachversicherungsgeschäfts steuert die Allianz Versicherungs-AG in Deutschland dazu bei – das waren 2023 Beitragseinnahmen von 11,3 Mrd. Euro. Davon sind 2,2 Mrd. Euro aus dem Maklerkanal gekommen. Nicht enthalten darin ist das große Industriegeschäft, das weltweit von Allianz Commercial – vormals AGCS – gemanagt wird. Dort liegt der Fokus vor allem auf Large Corporates mit einem Jahresumsatz von mehr als 500 Mio. Euro. Wir bei der Allianz Versicherungs-AG haben uns im Firmengeschäft auf SME, also kleinere und mittelgroße Firmen bis zu einem Jahresumsatz von 500 Mio. Euro spezialisiert.

finanzwelt: Die Allianz ist historisch gesehen im Sachbereich sehr stark im Firmengeschäft. Sie sehen seit längerem auch großes Potenzial im Privatgeschäft – welches Zwischenfazit ziehen Sie heute?

Dr. Wiswesser» Seit einigen Jahren verfolgen wir die Strategie, auch über den Maklerkanal private Sachversicherungen und das kleingewerbliche Geschäft zu bedienen. 2017 haben wir mit der Kfz-Versicherung begonnen, danach kamen sukzessive Wohngebäude, Hausrat, Haftpflicht und Unfall hinzu. Um diese Produkte auch für die freien Makler an den Start zu bringen, mussten wir natürlich erst die dazu nötige IT-Infrastruktur aufbauen: BiPRO-Schnittstellen zu Plattformen, Pools und Vergleichsplattformen einrichten, Antragsstrecken entwickeln, Bestandsdaten hinterlegen und vieles mehr. Das ist Work in Progress.

finanzwelt: Wie hat sich Ihr Geschäft 2023 entwickelt?

Dr. Wiswesser» Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden. Im Jahr 2023 stammt rund 40 % unseres Bestandes aus dem Breitengeschäft, der Rest entfällt auf das große Industriegeschäft. Im Neugeschäft war der Anteil 2023 sogar noch höher: Da kamen schon fast die Hälfte auf Privatkunden und Gewerbe. Daran zeigt sich, dass diese Strategie schon deutlich wirkt. Aber insgesamt sind wir immer noch ein wichtiger Industrieversicherer für die Makler, die unsere Expertise und Kapazitäten für das komplexe Geschäft und die großen Risiken schätzen. Unser Ziel ist es, in jeder Sparte den Marktanteil, den wir ansonsten als Allianz haben, auch im Maklerkanal zu erreichen. Im Kompositbereich in Deutschland hat die Allianz aktuell einen Marktanteil von etwa 15 %, den streben wir auch im Maklervertrieb an.

finanzwelt: Was sind aktuell die stärksten Sparten im privaten Sachversicherungsgeschäft?

Dr. Wiswesser» Unsere mit Abstand stärkste Sachversicherungs-Sparte im Maklerkanal ist der Kfz-Bereich, er macht rund die Hälfte des Kompositgeschäfts aus. An zweiter Stelle steht die Wohngebäudeversicherung. Hier unterstützen wir auch sehr stark Assekuradeure mit großen Wohngebäudeportfolios als Risikoträger. Danach folgen Hausrat und Haftpflichtversicherung. Das Segment Unfallversicherung spielt im Maklervertrieb eher eine kleinere Rolle.

finanzwelt: Welche generelle Produkt- und Preisstrategie verfolgen Sie?

Dr. Wiswesser» Die Allianz verfolgt das Ziel, in jeder Sparte und bei jedem Produkt bei den Bedingungswerken und im Leistungsspektrum absolute Spitze im Markt zu sein.Schon im Design werden unsere Produkte darauf ausgerichtet, bei den renommierten Ratingagenturen Topratings zu erhalten. Bei der Preisgestaltung ist unsere Strategie, für unsere Kunden im Preis-Leistungs-Verhältnis der attraktivste Partner zu sein. Dabei spreizen wir den Tarif sehr aus und versuchen, anhand von eigenen Risikomerkmalen eine möglichst auf das Risiko angepasste Prämie zu setzen. Zudem schätzen unsere Kunden auch den Schadenservice der Allianz. Nach der KUBUS Makler Studie 2023 sind wir einer der besten Schadendienstleister im deutschen Versicherungsmarkt.

finanzwelt: Besonders stark sind Sie bei der Kfz-Versicherung. Was gibt es Neues?

Dr. Wiswesser» Die Allianz hat Ende 2023 ihre Leistungen in der Autoversicherung deutlich ausgebaut. Im Deckungsumfang wird seit Oktober erstmals ein Selbstbehalt bei Kaskoschaden mit Mietwagen oder Carsharing-Fahrzeug übernommen. Zudem ist die Werterhaltgarantie mit integriertem Inflationsausgleich bis zu 10 % – in Komfort und Premium – enthalten. Seng- und Schmorschäden sowie Schäden nach Reifenplatzern sind in allen Kasko-Tarifen mitversichert und viele Leistungen in den Produktlinien sowie in der Zusatzdeckung für Elektrofahrzeuge sind ohne Obergrenze versichert.

finanzwelt: Wo sehen Sie aktuell bei den privaten Haushalten noch den größten Nachholbedarf?

Dr. Wiswesser» Aufgrund des Klimawandels gibt es immer mehr extreme Wetterereignisse. Viele Kunden besitzen zwar eine Wohngebäudeversicherung – die etwa Sturm und Hagel miteinschließt –, haben aber die Elementarschäden wie Hochwasser, Erdbeben oder Schneedruck nicht mit abgedeckt. Früher gab es in Deutschland – von Risikogebieten wie z. B. der Elbe abgesehen – kaum Hochwasser, dewegen waren viele Kunden der Meinung, das brauche ich nicht. Doch bei zunehmenden Starkregen-Ereignissen kann Hochwasser plötzlich für jeden ein Thema werden, egal wo er wohnt. Das kann überall passieren. Starkregen ist jedoch nur in der Elementarschadenversicherung mit abgedeckt. Untersuchungen zeigen, dass nur rund die Hälfte der Versicherten, die eine Wohngebäudeversicherung haben, auch eine Elementarversicherung abgeschlossen hat. Daraus ergibt sich ein enormes Potenzial für Makler.