Unheil kommt oft
14.04.2022
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Thermomix im Visier
Und dies ist die Frage, wie häufig sich Versicherer gegen Betrugsversuche wehren müssen. Däubler erklärt dazu: „Als kundenfreundlicher Versicherer verzichten wir auf detaillierte Rückfragen bei den Schadenmeldungen. Für die seltenen Fälle von Betrugsverdacht haben wir eine professionell agierende Betrugsabwehr.“ Meist gehe es dabei um Schäden an elektronischen Geräten wie Smartphones oder Tablets. Neuer Trend in der Pandemie schienen vermeintlich geschädigte Thermomix-Geräte zu sein, die als Haftpflichtschaden gemeldet würden. Ganslmaier sieht das hingegen nicht so entspannt: „Leider schwindet das Bewusstsein vieler, dass eine Versicherung in erster Linie der Existenzsicherung in einem Schadenfall dient und das Einzelrisiko durch alle Versicherten getragen wird.“ Dementsprechend müsse man einen Trend erkennen, dass vor allem im niedrigstelligen Schadenbereich versucht werde, Leistungen zu erschleichen. Ganslmaier: „Jedoch verbessern wir als Versicherungsunternehmen fortlaufend unsere Prozesse und können derartige Betrugsversuche zunehmend aufdecken.“ Nicht nur, aber auch deswegen gibt es bei diesen Policen ja auch Selbstbeteiligungen im Schadenfall. Aber gibt es auch eine Obergrenze, ab der sich eine Selbstbeteiligung nicht mehr lohnt?
Finger weg davon
Ganslmaier hat hierzu generell eine kritische Einstellung: „Im Bereich der Privathaftpflichtversicherung würden wir generell von einer Selbstbeteiligung abraten und bieten daher eine solche auch nur in Höhe von 150 oder 300 Euro an.“ Zwar kosteten im Marktvergleich Verträge mit hoher Selbstbeteiligung (mitunter bis zu 1.000 Euro SB) teilweise nur halb so viel wie Verträge ohne Selbstbeteiligung. In der Praxis sei die tatsächliche Ersparnis aber oft marginal und stehe nicht im Verhältnis zum größeren Risiko. Zum einen passierten Missgeschicke in der Regel plötzlich und unerwartet. Wer wisse schon, ob er im Fall der Fälle wirklich jederzeit 1.000 Euro für den zerstörten Laptop eines Freundes entbehren könne. Außerdem könnten sich Missgeschicke häufen. Für jedes einzelne sei dann im schlimmsten Fall die volle Selbstbeteiligung fällig. Das summiere sich. Zum anderen sei die tatsächliche Beitragsersparnis bei Haftpflichtversicherungen mit Selbstbeteiligung recht gering. Das liege in erster Linie daran, dass Privathaftpflichtversicherungen an sich schon nicht teuer seien. Beispielsweise sei der Grundschutz bei der Bayerischen für einen alleinstehenden Lehrer bereits ab drei Euro monatlich zu haben. Um einen einzigen Schaden von 1.000 Euro mit dieser Beitragsersparnis zu kompensieren, müsste man demnach über 40 Jahre schadenfrei bleiben. Däubler sieht das ähnlich: „Anders als zum Beispiel in der Kraftfahrtoder Rechtsschutzversicherung sind in der privaten Haftpflichtversicherung Selbstbeteiligungen im Markt nicht üblich. Eine Selbstbeteiligung ist in der Privathaftpflichtversicherung auch gar nicht zu empfehlen.“ Eine Obergrenze zu definieren, ab der sich eine Selbstbeteiligung nicht mehr lohnt, ließe sich angesichts der Vielzahl an unterschiedlichen Anbietern und Tarifen pauschal nicht sagen. Es gebe Single-Tarife im Beitragsbereich von rund 50 Euro im Jahr. Eine Beitragsersparnis bei einer Selbstbeteiligung von 150 Euro betrage in der Regel nicht einmal zehn Euro. Erst nach über 15 Jahren Schadenfreiheit würde sich in diesem Beispiel eine Selbstbeteiligung monetär lohnen. Bei vielen Haftpflichtschäden betrügen die Schadenhöhen zudem nur wenige hundert Euro. Würde eine Selbstbeteiligung vorliegen, müssten die Kundinnen und Kunden in vielen Fällen den Schaden ganz oder zum großen Teil selbst bezahlen. (hdm)