Und wieder grüßt das Murmeltier

02.11.2020

Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.

Steigende bzw. stabile Aktienkurse signalisieren, dass eigentlich alles in Ordnung ist. Aktuell sind die Probleme allerdings auch durch hohe Schuldenaufnahme der Staaten und politischen Maßnahmen überdeckt. Die langfristigen Auswirkungen von Trends sind noch nicht klar berechenbar. So sägen wir derzeit an unserem automobilen Ast. Die Branche erwirtschaftete in der Vergangenheit immerhin 20 Prozent des BIP. Nun rechnet die Branche bis Ende 2021 mit dem Abbau von etwa 200.000 Arbeitsplätzen. Weitere Arbeitsplätze gehen verloren in den Bereichen Tourismus, Hotel- und Restaurants, Kaufhäuser, Eventveranstalter. Ich bezweifle, dass alle Betroffenen in den neuen Technologien und im Gesundheitswesen unterkommen werden. Der IWF erwartet jedenfalls nach dem heftigen Rückgang der Weltkonjunktur einen langen und steinigen Weg bis die Normalität (hoffentlich) wieder erreicht wird.

Mit besonderer Sorge muss der Anleger beobachten, dass die Staatsverschuldungen immer höher steigen, ohne dass in ähnlichem Maße das wirtschaftliche Fundament gestärkt wird. In vielen Fällen werden die Probleme mit Geld übertüncht, aber nicht gelöst. So werden durch das Kurzarbeitergeld die Arbeitsplätze kurzfristig erhalten, ohne dass alle langfristig gerettet werden. Die größte Imponderabilie ist und bleibt die Aussetzung der Insolvenzmeldepflicht. Welche Flut von insolventen Gesellschaften wir vor uns herschleppen, ist schwer kalkulierbar. Auch die Zahl der bisher gesunden Firmen, die dann in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn die Blase platzt, ist offen. Es könnten hohe Kreditausfälle auf die europäischen Banken zukommen. Das Beratungsunternehmen Accenture schätzt den Betrag auf 415 Milliarden.

Unüberschaubar sind die Gefahren der neuerlichen Corona-Welle und eines unerwarteten Inflationsdrucks. Denn, dass die Notenbanken eine kräftig steigende Inflation mit steigenden Zinsen bekämpfen können, ist eher unwahrscheinlich. FED-Chef Volcker hatte in den 80er Jahren mit der Anhebung der Zinsen auf 15 Prozent langfristig Erfolg. Heute ist ein ähnliches Vorgehen undenkbar. Spätestens durch die Rettungspakete zur Bekämpfung der Pandemie wurde der Tiefzins zementiert. Dass die FED die Strategie beschlossen hat, eine über zwei Prozent liegende Inflation zu akzeptieren, unterstreicht daher die Gefahr einer erhöhten Minusrendite. Auch dies spricht für Investitionen in Sachwerte wie Aktien und Edelmetalle. Die USA hat mit der Wahl diese Woche ein kurzfristig schwer einschätzbares Risiko. Es sind viele Reaktionen denkbar – auch das Gegenteil.

Nicht zu unterschätzen ist im Besonderen, dass in Zeiten höherer Volatilität kleinere Anleihen, Aktien und Fonds, aber auch ETF´s und Zertifikate zumindest zeitweise illiquide werden könnten. Eine erhöhte Position Liquidität könnte da sehr beruhigend wirken. Ebenso ein kräftiger Anteil an Edelmetallen. Auch bei Aktien ist daher in diesem Umfeld auf Branchendiversifikation und Qualität zu achten.

Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

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