Und es hat „bumm“ gemacht
07.02.2022
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Viele Highflyer aus 2021 hat es erwischt. Ballard Power, Curevac, DocuSign, NEL, Nicola, Plug Power, QuantumScape, Teamviewer, Zoom u.v.m. haben eines gemeinsam. Sie haben vom Kurshoch zwischen 60 und 85 % verloren. Ebenso der bekannteste Wert: Gamestop. Aber auch DAX-Werte, die in der Pandemie die Phantasie-Gewinner waren, wie Delivery Hero oder Hello Fresh gaben ca. 50 % vom Topkurs wieder ab.
Wer in dem Hype die Gewinne realisierte, hat wahrscheinlich nie optimal verkauft, ist aber jetzt heilfroh, keine Stücke mehr zu haben. Dotcom lässt grüßen. „Dieses Mal wird alles anders“ bleibt der teuerste Satz an der Börse. Es hat allerdings auch Aktien getroffen, die in 2021 sensationelle Gewinne gemacht haben, wie z. B. BioNTech, die nun mit einem KGV unter 5 gehandelt werden. Dies deutet darauf hin, dass „spezielle“ Fonds und ETF ́s liquidiert worden sind.
Getroffene Märkte und Konsumenten
Die Börsenwelt hat sich normalisiert, auch weil sich das Umfeld massiv zum Nachteil verändert hat. Die von Politikern und Notenbänkern so leidenschaftlich verniedlichte Inflation platzt in die heile Welt. Die daraus resultierende Zinserhöhungsphantasie trifft die Märkte. Nun treten die Nachteile der Verschuldungsorgien in Erscheinung. Der Schuldenberg ist mit der Begründung „Pandemie“ in den letzten zwei Jahren noch einmal extrem angewachsen. Und zwar so hoch, dass jetzt sogar die Frage gestellt wird, ob die Notenbanken überhaupt gegensteuern können. Ende Januar hat die FED ein weiteres Mal gedroht, im März die Zinsen zu erhöhen. Dies allein hat den DOW 2.800 Punkte gekostet.
Spannend wird es, wenn diese Zinserhöhung auch vollzogen wurde. Wenn dann weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt werden, und die Börsen fallen weiter, dann könnten die Notenbanken „kalte Füße“ bekommen. Denn die Wirtschaftserholung ist wegen des massiven Konjunkturprogramms der Amerikaner schon weit fortgeschritten. Auch die Konsumenten haben kräftig gekauft. Sie haben die Regierungsgeschenke gleich „verbraten“. Diese wird es aber in 2022 nicht mehr geben. Zudem haben sich die Waren um etwa 7 % verteuert. Eine Familie mit 3.000 Dollar Einkommen, die auch alles verkonsumiert hat, muss nun für die gleichen Waren 7 % mehr zahlen. Dann muss sie doch jetzt die Stückzahlen um sieben Prozent reduzieren, weil sie ja nur 3.000 Dollar verdienen (Rückgang des Realeinkommens). Bei steigenden Zinsen verstärkt sich der Rückgang. Die sich abflachende Zinsstruktur signalisiert bereits ein Abflauen der Wirtschaft. Trotzdem prognostizieren die amerikanischen Banken fünf bis sieben Zinsschritte, also 1,5 bis 2,0 %. Das wird entweder nicht geschehen oder wenn doch, nicht gutgehen.
Das Sturmtief naht
Warnungen an die Währungshüter gibt es zuhauf. EZB-Direktorin Schnabel warnt, eine zu frühe Zinserhöhung könnte den Aufschwung abwürgen. DIW-Chef Fratzscher, der im Sommer noch die Inflationsgefahr als gering einschätzte, hält jetzt das Einhalten der Schuldenbremse in 2023 für unwahrscheinlich. Er rät sogar, zu klotzen statt zu kleckern. Ein Widerspruch, denn das hieße, die Inflation „füttern“. Das IW in Köln redet von der Gefahr einer jahrelangen Stagflation. Die Verlautbarungen der EZB dagegen klingen wie die Wettervorhersagen von Reisegebieten bei schlechtem Wetter: Ab morgen wird ́s schön. Zu diesen Marktrisiken wachsen die geopolitischen Gefahren mit Russland/Ukraine, China/Taiwan. Hinzu kommen Energieprobleme sowie die Maßnahmen zum Klimawandel.
Welche Probleme sich der Markt selbst geschaffen hat, warum es doch noch Hoffnung gibt und welche Empfehlung der Autor abgibt, lesen Sie auf Seite 2.