Trump im Porzellanladen

05.06.2019

Michael Beck, Leiter Asset Management Ellwanger & Geiger / Foto: © Ellwanger & Geiger

Wer bislang dezente Zweifel an der Eignung Donald Trumps für das Amt des 45. US-Präsidenten hatte, dürfte sie am Wochenende endgültig bestätigt gewusst haben. Der bevorstehende Besuch in Großbritannien hatte ihn das ganze Wochenende so beschäftigt, dass sich seine Twitter-Aktivitäten zum Großteil damit beschäftigten. Ergebnis: Er brüskierte zunächst seine Gastgeberin Theresa May, indem er ihren Kontrahenten Boris Johnson als neuen Premier vorschlug, bezeichnete seine Landsmännin Meghan Herzogin von Sussex als „böse“, wohl weil sie sich vor Jahren negativ über ihn geäußert hatte, und beleidigte noch im Anflug aus der Air Force One den amtierenden Bürgermeister als „totalen Verlierer“. Er empfiehlt, die EU notfalls auch ohne Deal zu verlassen und die Milliarden-Schulden Großbritanniens an die EU einfach nicht zurückzuzahlen. Man könnte sich einfach nur kopfschüttelnd abwenden und dieses Kleinkind-Verhalten ignorieren, wäre er nicht der Präsident des mächtigsten Landes mit Zugriff auf das Atom-Arsenal des Landes.

Seine Nahost-Politik lässt jeden Tag die Kriegsgefahr wachsen und die Hoffnungen auf Beruhigungen in den Handelskonflikten zerstoben letzten Freitag, als er aus dem Nichts Mexiko neue Strafzölle androhte. Und das, obwohl (oder weil) das neue Nafta-Abkommen mit Mexiko gerade in dessen Parlament diskutiert und eigentlich ratifiziert werden sollte. Der Porzellan-Scherbenhaufen, den der US-Präsident aufhäuft, wächst und wächst. Immerhin scheint der US-Präsident den Bogen jetzt überspannt zu haben. Seine willkürlichen Zölle auf mexikanische Einfuhren scheinen keinen Rückhalt in seiner eigenen republikanischen Partei zu genießen. Dies wäre ein erstes hoffnungsvolles Zeichen, dass Trumps Einfluss, der zuletzt an eine autokratische Alleinherrschaft grenzte, nun endlich begrenzt werden könnte. Die US-Wirtschaft steht dem Weißen Haus schon seit längerem auf den Zehen und die Angst vor einer deutlichen Konjunktureintrübung wächst zusehends. Dass nun zum zweiten Mal die Zinsstrukturkurve invers wurde, nährt zusätzlich Rezessionsbefürchtungen. Zum Glück gibt es noch die Fed, deren Chef Powell Zinssenkungen für den Fall negativer Auswirkungen der Handelsstreitigkeiten in Aussicht stellte. Dies beruhigte die Aktienmärkte zusehends und ließ den Abwärtstrend stoppen.

Diese angekündigte Zinssenkung schwächte den US-Dollar etwas, da sich der deutliche Zinsabstand zum Euro-Raum verkleinern würde. Allerdings dürfte der Umstand, dass in Europa vorgezogene Neuwahlen in Mode kommen, zunächst für Unsicherheit und dann für eine Schwächung des Euro sorgen. Zudem leiden die europäische und insbesondere die deutsche Wirtschaft überproportional unter den Auswirkungen des Handelsstreits der USA mit dem Rest der Welt. Nach Österreich wird nun auch in Deutschland offen mit dem Ende der großen Koalition gerechnet. Und Italiens Ministerpräsident Conte droht zurückzutreten, wenn die italienischen Regierungskontrahenten Lega und 5-Sterne-Partei nicht bald Einigkeit und Willen zum Regieren zeigen. In Verbindung mit dem Konfrontationskurs Salvinis im Haushaltsstreit mit der EU dürften für den Euro die Bäume daher nicht in den Himmel wachsen. Die Achterbahn der Gefühle wird wohl für die Investoren bis auf weiteres weitergehen.

Kolumne von Michael Beck, Leiter Asset Management Bankhaus ELLWANGER & GEIGER AG