Trotz erhöhtem Risiko auf Aktien setzen

06.12.2018

Helge Müller, Chief Investment Officer, Genève Invest / Foto: © Genève Invest

Um in rauen Zeiten auf Kurs zu bleiben, führen Profis im Gegensatz zu Privatanlegern bei der Geldanlage drei Massnahmen durch:

Erstens: Einen kühlen Kopf bewahren. Wer zu stark emotional reagiert und mit dem Bauchgefühl agiert, läuft Gefahr die falschen Entscheidungen zu treffen. Eine Investitionsstrategie sollte sachlich erarbeitet und langfristig ausgelegt sein. Ob ein Anleger tatsächlich eine Risikotoleranz hat, zeigt sich häufig erst, wenn der Markt korrigiert. Was im Moment als Marktverwerfung wahrgenommen wird, entpuppt sich rückblickend oft als weniger dramatisch und gleichzeitig als Kaufgelegenheit.

Zweitens: Investiert bleiben und Gewichtungen prozyklisch anpassen. Wer glaubt, dass die Aktienmärkte korrigieren und sein Depot vor Schaden bewahren will, verkauft häufig aus taktischen Überlegungen. Das Problem ist jedoch, dass er Gefahr läuft wichtige Reboundphasen zu verpassen. Dies sind häufig nervöse Marktphasen an denen Privatanleger, die taktisch vorgehen, nicht investiert waren. Statt je nach Marktgefühl sein Portfolio komplett zu verkaufen, empfehlen wir ein systematisches Rebalancing. In einem Aufwärtstrend hingegen können die steigenden Aktienkurse genutzt werden, um die ursprüngliche Vermögensallokation wieder herzustellen. Auf diese Weise handelt man konsequent antizyklisch und kauft, wenn die Titel günstig sind und verkauft, wenn sie hoch stehen.

Drittens: Diversifikation - Professionelle Anleger vermeiden Klumpenrisiken und diversifizieren das Portfolio und sind dadurch von individuellen Negativereignissen einzelner Positionen geschützt.

Limits zur Absicherung sind ein trickreiches Feld, um sich vor vermeidlichen Verlusten zu schützen. Es hört sich einfach an: Wenn die Kurse steigen, profitiere ich von den gestiegenen Kursen und wenn sie fallen bin ich durch Limits abgesichert. In der Realität sind die Ergebnisse mit Limiteingaben häufig nicht von Erfolg gekrönt. Es kann tatsächlich passieren, dass eine Aktie nachdem sie sehr stark gestiegen ist, danach deutlich einbricht und ich mit einem Limit die Verluste vermieden habe. Wenn ich das Limit zu knapp unterhalb der Kurse setzte, laufe ich jedoch Gefahr bei Tagesschwankungen ein Limit auszulösen, ohne dass der Titel eigentlich an Wert verloren hat.

Bleibe ich hingegen draussen und warte erstmal ab, kann es passieren, dass die Aktie einfach immer weiter steigt und man keinen richtigen Einstiegskurs mehr findet. Setzte ich jedoch das Limit deutlich unterhalb der aktuellen Kurse, beispielsweise bei 20 Prozent und mehr, laufe ich Gefahr die Aktie zu verkaufen in Phasen in denen in Wirklichkeit attraktive Kaufgelegenheiten bestehen. Statt Limits und Optionen empfehlen wir die Anlagen zwischen verschiedenen Assetklassen zu verteilen und antizyklisches Rebalancing zu betreiben. Als Value-Investoren suchen wir zudem geduldig Aktien bei denen der Börsenkurs deutlich unterhalb des inneren Wertes handelt und wir auf diese Weise eine deutliche Sicherheitsmarge bei unserem Einkauf erzielen.

Als zentralen Absicherungsstrategien eignen sich für Otto-Normal-Sparer als erstes Fundamentalanalysen und dann der günstige Einkauf nach dem Valueprinzip. Auf diese Weise habe ich eine Sicherheitsmarge. Zweitens die Diversifikation zwischen verschiedenen Anlageklassen und verschiedenen Positionen innerhalb der Anlageklasse um negative firmenspezifische Ereignisse zu vermeiden. Drittens ist der Zeitfaktor relevant. Börsen schwanken zwar, aber langfristig gehen sie nach oben. Wenn der Zeithorizont lang genug ist, wird man Durchschnittswerte erhalten, die in der Regel im Aktienbereich bei acht bis zehn liegen. Wenn man in der Lage ist das Geld über zehn Jahre arbeiten zu lassen, hat man wahrscheinlich alle Börsenphasen ein oder zweimal durchlaufen und liegt dann meistens bei Ergebnissen, die deutlich oberhalb jeder Festgeldanlage liegen.

Kolumne von Helge Müller, Chief Investment Officer, Genève Invest in Genf und Luxemburg