Trading wird zum „Trendsport“ im Lockdown
13.04.2021
Gottfried Urban, Urban & Kollegen Vermögensmanagement, Altötting / Foto: © Urban & Kollegen Vermögensmanagement
Ob getrieben von der Langeweile im Homeoffice oder mangels Anlage-Alternativen im Zinsbereich: Immer mehr junge Menschen entdecken die Aktienmärkte für sich. Die Generationen Y und Z (geboren nach 1980) verlassen sich dabei weniger auf den Rat von Bankern und informieren sich mehr in den sozialen Medien. Die Lust auf Spekulation wird von diversen Online-Plattformen noch verstärkt. Traden macht ja auch Spaß – solange die Börsenkurse nur EINE Richtung kennen! Für langfristigen Erfolg zählen jedoch Erfahrung und eine konsequente Strategie.
In Pandemie-Zeiten gibt es nur wenig Abwechslung zum tristen Alltag. Da verspricht das Spekulieren an der Börse den vermissten Adrenalinschub. Trading mit Aktien ist zwar nicht weniger riskant als Sportwetten oder anderes Glücksspiel – aber eben nicht so stigmatisiert. Dabei erteilen die Neu-Börsianer ihre Kauf- oder Verkaufsaufträge nicht erst nach einem Gespräch mit dem Anlageberater. Dieser darf ohnehin aufsichtsrechtlich keine Empfehlung ohne katalogdicke Ausarbeitungen und Risikohinweise mehr geben. Zur gründlichen Eigenanalyse von Finanzinstrumenten fehlt bei den Jungspekulanten jedoch meist die Zeit oder das Hintergrundwissen. An dessen Stelle treten die Angebote unzähliger, auf den ersten Blick seriöser Informationsdienste mit riesigen Gewinnversprechen von angeblich sehr erfolgreichen Zockern sowie dem Austausch "heißer Tipps" auf zahlreichen Plattformen.
Plattformen verdienen an hoher Handelsaktivität
Die neuen Handelsplattformen im Internet unterstützen die hohen Aktivitäten der Depotkunden. Bei jedem Trade verdienen sie schließlich entweder über die Händlerprovision oder einem Kick-Back aus der Handelsspanne, wahrscheinlich auch durch die Weitergabe von Daten. Je mehr Trades umso besser für die Plattform. Die neuen "Schwarm-Spekulanten", die sich in Foren über hochspekulative Werte austauschen, verfolgen vielleicht auch Eigeninteressen, um Kurse in bestimmte Richtungen zu lenken. Seriöse Medien und beaufsichtigte Finanzinstitute müssen Interessenkonflikte offenlegen oder dürfen manchmal durch interne Vorgaben keine Einzeltitel mehr empfehlen. Sie beschränken sich zunehmend auf Compliance-geschliffene Branchen- und Regionen-Empfehlungen.
Strategisch denken
Grundsätzlich sollten Jungspekulanten darauf achten, dass das Depot nicht aus einer Ansammlung von wahllosen Einzelempfehlungen besteht. Welche Strategie verfolgt man mit welchem Geld? Gibt es eine Kauf- und eine Verkaufsdisziplin? Ist eine ausgewogene Streuung von traditionellen Aktien gegeben, denen Kleinigkeiten von spekulativen Investmentchancen beigemischt werden? Hierzu sollte man die wirklich erfolgreichen Anlagestrategien auch kennen. Ein oder zwei seriöse Empfehler mit längerer Erfahrung und Historie können da helfen. Auch die Beschäftigung mit Finanzliteratur, die die Strategien erfolgreicher Investoren beschreibt, kann den Selbstentscheider vor Enttäuschungen und Leichtgläubigkeit schützen.
Kolumne von Gottfried Urban, von Gottfried Urban, Urban & Kollegen Vermögensmanagement, Altötting
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