Sozialversicherung sollte sich an Wertschöpfung orientieren

04.12.2018

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Kapitalintensive Branchen auf der „Verliererseite“

Zu den Verliererbranchen einer Umstellung würden vor allem kapitalintensive Sektoren wie die Landwirtschaft, das Grundstücks- und Wohnungswesen sowie die Energiebranche zählen. Kleinbetriebe, in denen die Inhaber einen wesentlichen Teil der Leistungen erbringen, und Selbstständige würden durch eine Wertschöpfungsabgabe stark belastet. Um dem zu begegnen, schlagen die Studienautoren flankierende Maßnahmen wie einen Arbeitgeberfreibetrag vor. So ließen sich Härtefälle vermeiden.

Gelegenheit zur Reform der Unternehmensbesteuerung

„Eine Finanzierungsumstellung der Sozialversicherung böte außerdem die Gelegenheit zu einer Reform der Unternehmensbesteuerung“, fügt Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup hinzu. Die deutsche und europäische Politik suche ohnehin seit geraumer Zeit nach Steuergestaltungsmöglichkeiten, um insbesondere Unternehmen der Digitalwirtschaft wie Amazon, Google oder Facebook stärker in die Finanzierung öffentlicher Aufgaben einzubeziehen. Rürup verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Deutschland inzwischen zu einem Hochsteuerland für Unternehmen geworden ist, nachdem die USA die Körperschaftssteuern des Bundes deutlich gesenkt hat und Frankreich, Belgien sowie Italien ähnliche Beschlüsse gefasst haben.

Realpolitische Option für den Strukturwandel

„Alles in allem stellt die Umstellung der Arbeitgeberanteile auf eine Finanzierung, die von der gesamten Wertschöpfung der Unternehmen abhängt, durchaus eine realpolitische Option dar“, fasst Prof. Rürup die Ergebnisse der vorliegenden Simulationsrechnungen zusammen. „Dies wäre umso eher der Fall, wenn – was aber faktisch nicht möglich ist – sichergestellt werden könnte, dass der öffentliche Sektor relevante Anteile seiner umstellungsbedingten Ersparnisse wachstums- und beschäftigungsstimulierend einsetzen würde.“

Dies gelte insbesondere dann, wenn aufgrund des zu erwartenden Strukturwandels signifikante Beschäftigungsverluste entstehen sollten. „In diesem Fall wären wertschöpfungsbasierte Arbeitgeber-anteile zu den Sozialversicherungen eine Option, um auf mögliche Beschäftigungsverluste im Zuge der digitalen Transformation zu reagieren“, stellt Rürup fest.

Die Autoren weisen abschließend aber darauf hin, dass die Annahmen volkswirtschaftlicher Simula-tionsrechnungen im Zeitverlauf mit zunehmender Unsicherheit behaftet sind. Zudem wäre die Um-stellung der Finanzierung der Sozialversicherungen mit einem beachtlichen  Zusatzaufwand verbunden. (ahu)

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