Soziale Nachhaltigkeit wird eine große Rolle spielen
04.05.2023
Sawas Koutsidis, Geschäftsführer der MEDZENTRUM Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
Teile der Immobilienbranche haben mit ordentlich Gegenwind zu kämpfen. Gesundheitsimmobilien, im Speziellen Ärztehäuser, können sich diesem Trend entziehen. Sawas Koutsidis, Geschäftsführer der MEDZENTRUM Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, stand der finanzwelt-Redaktion Rede und Antwort. Im Kern des Interviews geht es um die Frage der sozialen Dimension entsprechender Immobilien-Investments.
finanzwelt: Die Umsetzung der EU-Nachhaltigkeitsregulierung ist mit Folgen für die Immobilienwirtschaft verbunden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Taxonomie und die Offenlegungsverordnung. Wie nehmen Sie Diskussion und Regulierung wahr?
Sawas Koutsidis» Die Immobilienwirtschaft gilt als einer der größten CO2-Emittenten und ist sich ihrer Verantwortung hinsichtlich des ökologischen Aspekts bewusst. Dazu haben Taxonomie und Offenlegungsverordnung sicher auch beigetragen. Immobilien haben aber auch einen sozialen Impact und dieser Faktor wird in Zukunft eine große Rolle spielen. Die EU-Sozialtaxonomie ist dazu ein erster Schritt, es fehlen aber belastbare Leitlinien.
finanzwelt: Beim ESG-Dreiklang ist das „S“ der bis dato noch am wenigsten beachtete Faktor. Social Impact in der Immobilienbranche. Wie kann/sollte sich das ausdrücken?
Koutsidis» Soziale Nachhaltigkeit wird in der Immobilienbranche zukünftig eine große Rolle spielen. Auf Wohnimmobilien bezogen stehen die Faktoren bezahlbare Mieten, soziale Durchmischung, lebenswertes Umfeld und intakte Infrastruktur im Vordergrund. In meiner Branche, also bei Gesundheitsimmobilien, ist der „Social Impact“ immanent. Wir entwickeln Ärztehäuser nach einem ganzheitlichen Konzept: Wir sichern die medizinische Versorgung vor Ort und wirken auch auf das soziale Umfeld ein, indem wir Räume schaffen für Begegnung und Betreuung. Da wir uns an objektiven und standardisierten Größen messen lassen wollen, beteiligen wir uns an der Social-Impact-Investing-Initiative 2.0 des Instituts für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG).
finanzwelt: Wie lässt sich Social Impact bemessen? Gibt es dafür konkrete Beispiele?
Koutsidis» Die soziale Rendite quantifizieren – genau darum geht es bei der Initiative des ICG. Bis es aber so weit ist, dass wir einen von der ganzen Branche akzeptierten und respektierten Kriterienkatalog haben, kann es noch dauern. Darum haben wir eine eigene Metrik entwickelt. Am Beispiel „Kirtorfer Höfe“ – das Projekt wurde beim „Real Estate Social Impact Investing Award 2022“ ausgezeichnet – messen wir die Wirkung auf die medizinische Versorgung wie Anzahl der Ärzte und Fachrichtungen, Langfristigkeit der Versorgung, aber auch die Wirkung auf Infrastruktur, Kaufkraft, Barrierefreiheit und Partizipation.
finanzwelt: Kommen wir auf Ihr Haus zu sprechen. Sie sind mit dem Spezial-AIF MEDZENTRUM Deutschland Unua im Markt unterwegs. Haben Sie bereits weitere Produkte angedacht?
Koutsidis» Ja, wir sind in der Lage, für einzelne Interessenten Artikel-9-konforme Immobilienpakete zu schnüren. Wir sind eine Finanzboutique: Bei uns finden private und institutionelle Anleger, kleinere Pensionskassen und Großanleger gleichermaßen passende Investmentprodukte. Gut am Markt etabliert ist weiterhin unser Spezial-AIF MEDZENTRUM Deutschland Unua, der in sieben MEDZENTRUM Ärzte- und Gesundheitszentren in drei Bundesländern investiert. Für die nächsten Fonds streben wir eine Artikel-8 oder -9-Klassifizierung an.
finanzwelt: Zum Schluss, mit Blick auf die kommenden Monate, wie fällt Ihr Blick auf die Immobilienbranche im Allgemeinen aus?
Koutsidis» Für die Immobilienbranche im Allgemeinen wird die Situation angesichts der steigenden Zinsen in absehbarer Zeit schwierig bleiben. Unsere Ärzte- und Gesundheitszentren hingegen bilden einen vor konjunkturellen Schwankungen weitgehend geschützten Nischenmarkt. (ah)