Schulden? Nein, Danke!

22.07.2020

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Das Wort „Schulden“ ist eng verbunden mit „Schuld“ – und damit negativ besetzt. Vielleicht ein Grund, warum Schulden in Deutschland nur wenig beliebt sind. Viele ignorieren aber auch, dass sie Schulden machen, ohne es zu wissen. Immer scheinen die Deutschen finanziell diszipliniert zu sein.

Wer nicht über genug Eigenkapital verfügt um eine größere Anschaffung zu tätigen, muss Fremdkapital aufnehmen. In Deutschland ist das aber deutlich weniger beliebt als in anderen europäischen Ländern. Das geht aus der ING International Survey hervor, für die Verbraucher in 13 europäischen Ländern nach ihren Einstellungen und ihrem Verhalten zum Thema Schulden (ohne Hypothekenschulden) befragt wurden. Dabei offenbarten sich beiden deutschen Befragten zu  verschiedenen allgemeinen Aussagen zu Schulden vor allem bei positiv konnotierten Statements wie „normaler Teil des Lebens“ oder „notwendig, um im Leben voranzukommen“, stärkeren Widerspruch als im europäischen Durchschnitt. Ein wesentlicher Grund dafür könnte sein, dass die Deutschen häufig gar nicht wissen, dass sie Schulden machen, ohne es zu merken, nämlich bei kreditbasierten Bezahlvarianten. So haben hierzulande die Befragten stärker als im europäischen Durchschnitt das Gefühl, dass es sich dabei nicht um Schulden handelt: Jeweils mehr 40 % der hiesigen Befragten sehen einen Mobilfunkvertrag mit subventioniertem (und letztlich über den Vertag abbezahltem) Telefon, Try-before-you-buy oder Kreditkartenzahlungen nicht als Schulden an. Damit liegt dieser Anteil höher als derjenigen, die es für Schulden halten. Erstaunlich: Sogar ein eindeutiges Kreditprodukt wir eine Null-Prozent-Finanzierung wird für 30 % der Deutschen nicht in der Kategorie „Schulden“ eingeordnet. Zwischen den Altersgruppen gibt es bei den Ergebnissen keine großen Unterschiede. Möglicherweise machen sich die jüngeren Befragten wenig Gedanken über das Thema, während für die älteren die neuen Shopping-Varianten noch zu neu sind. Offenbar hat aber die aktuelle Krise europaweit zu einem kritischen Blick auf finanzielle Angelegenheiten motiviert: So zeigte sich bei einem Vergleich der Umfragedaten von Mai mit denen von Dezember, dass europaweit nun mehr Menschen dazu tendieren, bestimmte Bezahlvarianten als Schulden einzustufen.

Die geringe Akzeptanz von Schulden schlägt sich auch in den Umfrageergebnissen nieder: So nutzen hierzulande 23 % der Befragten einen „klassischen“ Kredit, acht Prozentpunkte weniger als im europäischen Durchschnitt. Vier Prozentpunkte beträgt der Unterschied beim Dispositionskredit des Girokontos, den 21 % der Europäer, aber nur 17 % der Deutschen regelmäßig nutzen. Auch bei der Händlerfinanzierung liegen die deutschen Befragten mit 14 % unter dem europäischen Durchschnitt.

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