"Risiken nicht präzische einschätzbar"

18.03.2021

Christian Nemeth, Mitglied des Vorstands Wien/Salzburg und CIO der Zürcher Kantonalbank Österreich AG /Foto: © Zürcher Kantonalbank Österreich AG

Kein umfassender Inflationsschutz

Vermögenden Privatpersonen und institutionellen Anlegern bereitet die Geldschwemme der Nationalbanken Angst. Sie setzen Bitcoin teilweise zum Schutz vor Inflation ein, da die Zahl der Bitcoins (Grafik 2) technisch auf 21 Millionen begrenzt ist. „Aktuell wurden bereits fast 90% der möglichen Bitcoins geschürft, was das langfristige Inflationspotenzial beschränkt. Damit verbunden sind aber auch erhebliche Risiken, die um ein Vielfaches höher liegen als bei traditionellen Anlagemöglichkeiten“, sagt Nemeth. Wer Inflationsschutz sucht, findet unter den etablierten Anlageklassen zahlreiche Alternativen. Dazu gehören das seit Jahrtausenden erprobte und deutlich weniger volatile Gold, inflationsgeschützte Anleihen, Immobilienanlagen aber vor allem auch Aktien, da diese ja produktive Unternehmen repräsentieren und im Gegensatz zu Bitcoin eine Dividende abwerfen.

Grafik 2:

Fragwürdiger Diversifikationsnutzen

Einer der wichtigsten Grundsätze für langfristiges Anlegen ist das Nutzen der Diversifikation. Bitcoin ist weniger stark in den Finanzmarkt integriert und nicht an Volkswirtschaften gekoppelt. Das ist prinzipiell ein Argument für den Einsatz als Diversifikationsinstrument, allerdings mit einer Einschränkung: „Historisch betrachtet gibt es eine geringe Korrelation mit dem Aktienmarkt. Diesem Vorteil steht jedoch die Unberechenbarkeit durch eine hohe Volatilität gegenüber“, unterstreicht Nemeth und verweist auf das Frühjahr 2020: Gerade als der Diversifikationseffekt durch den Aktien-Kurssturz besonders nützlich gewesen wäre, stieg plötzlich die Korrelation mit Aktien. In den Monaten Februar und März des letzten Jahres sackte der Bitcoinkurs um die Hälfte ab und konnte somit nicht zur Stabilität eines Gesamtportfolios beitragen.

Technische und regulatorische Risiken

Beim Krypto-Pionier Bitcoin lassen sich die Risiken nur schwer einschätzen. Zu den Eigenheiten zählt die lange Bestätigungszeit der Transaktionsblöcke von rund zehn Minuten, die Bitcoin zu einem unattraktiven Zahlungsmittel machen, obwohl das der ursprüngliche Zweck der Kryptowährung war. „Bitcoin ist als ‚First Mover‘ aufgrund der Marktkapitalisierung und der erreichten Publicity der Platzhirsch, nicht jedoch aufgrund der Funktionalität. Die zweite Generation der Blockchain-Technologie, effizientere und sicherere digitale Assets, könnten Bitcoin den Rang ablaufen“, führt Nemeth aus. Zudem ist der enorme Energiebedarf für den Validierungsprozess ein großer Kritikpunkt und widerspricht dem aktuellen Zeitgeist.

Auch die Entwicklung in regulatorischer Hinsicht müsse beachtet werden. So hat beispielsweise EZB-Präsidentin Christine Lagarde in der Vergangenheit zur Regulierung von Bitcoin auf globaler Ebene aufgerufen. Staaten und Notenbanken werden ihre Geld- und Steuerhoheit um jeden Preis verteidigen. Zu den möglichen Maßnahmen zählen steuerliche Maßnahmen und Geldwäschebestimmungen oder Nutzungsbeschränkungen. Zudem sind die Währungshüter selbst bestrebt, die Entwicklung digitaler Zahlungsmittel voranzutreiben. Das könnte sich für Bitcoin nachteilig auswirken.

Langfristige Entwicklung noch nicht absehbar

„Als Verwalter von Kundenvermögen haben wir eine Treuhandfunktion inne und nehmen unsere Verantwortung sehr ernst. Wir investieren nur in Anlageklassen, deren Risiken wir präzise einschätzen können. Unsere Aufgabe ist es, Vermögen langfristig zu sichern und zu vermehren. Bei Bitcoin ist die langfristige Entwicklung noch nicht absehbar und das Risikoprofil mit einer Unschärfe behaftet. Das passt nicht zu unserer Anlagephilosophie und daher ist ein Investment in Bitcoin für uns derzeit kein Thema“, lautet das Resümee von Christian Nemeth.