Reformstau nach Ampel-Aus
18.02.2025
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Foto: © Igor Link - stock.adobe.com
Nach dem Ende der Ampel-Koalition liegt die lang ersehnte und heiß diskutierte Reform der privaten Altersvorsorge vorerst auf Eis. Ende September hatte das Bundesministeriums der Finanzen seinen Referentenentwurf veröffentlicht, den die Verbände trotz Kritik in einigen Punkten grundsätzlich als Schritt in die richtige Richtung begrüßten. Jetzt liegt die Hoffnung auf einer neuen Bundesregierung, die nach der Wahl am 23. Februar das Thema möglichst bald wieder aufnimmt.
Die staatlichen sozialen Sicherungssysteme in Deutschland stecken seit langem in der Krise, die Kostenexplosion im Gesundheitswesen und die demografische Entwicklung gießen Jahr für Jahr weiter Öl ins Feuer. Effektive Reformen, die wirksam Abhilfe schaffen könnten, sind bisher ausgeblieben. Gleichzeitig gerät das Spannungsfeld aus sozialer Sicherheit, Sozialversicherungsabgaben und Lohnzusatzkosten immer mehr aus der Balance. Umso wichtiger werden Verbesserungen der ergänzenden privaten Absicherung, um künftig eine ausufernde Altersarmut zu vermeiden.
Zentrale Eckpunkte des Referentenentwurfs
Für einen Hoffnungsschimmer sorgte der Entwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge, den Christian Lindners Ministerium am 30. September 2024 vorlegte und den Verbänden zur Diskussion stellte. Ziel war es, ein attraktiveres, kostengünstiges, einfaches und transparentes Angebot an neuen Vorsorgeprodukten zu schaffen, das breite Bevölkerungsschichten zur Sicherung des Lebensstandards im Alter anspricht und höhere Renditen ermöglicht. Im Kern steht ein Altersvorsorgedepot, das die Garantieanforderungen entschärft und auch Anlagen in renditestärkere Produkte wie Aktien-Fonds, Fondsversicherungen, ETF-Sparpläne oder sogar Einzel-Aktien förderfähig macht. Neu sind auch mögliche Anbieterwechsel vor der Auszahlungsphase sowie die Wahl zwischen lebenslanger Leibrente und einer Auszahlung bis zum 85. Lebensjahr ohne Restverrentungspflicht. Zudem soll die Anreizstruktur verbessert werden, indem statt fixer Zulagen künftig jeder gesparte Euro mit 20 Cent gefördert wird, bis zu einem Förderbetrag von 3.000 Euro. Für Kinder und Berufseinsteiger soll es zusätzliche Förderungen geben.
Positive Reaktionen der Verbände
Bei Branchenverbänden wie dem GDV, BVI, BVK oder AfW stieß das Reform-Papier grundsätzlich auf positive Resonanz. Sie sehen es als zukunftsweisenden Schritt zur Stärkung der Altersvorsorge in Deutschland – vor allem, weil die Förderung verständlicher, renditestärker und weniger aufwendig gestaltet werden soll. „Das ist ein großer Wurf und bedeutet einen Paradigmenwechsel in der privaten Altersvorsorge“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbandes BVI. „Mit diesem Gesetzentwurf wird der Weg frei für flexiblere Spar- und Auszahlmodelle. Die Bürger haben endlich Wahlfreiheit statt gesetzlichen Zwang. Das bisherige, weltweit längst überholte Mantra, dass Altersvorsorge eine 100-%-Beitragsgarantie und eine Leibrente umfassen muss, gilt nicht mehr. Das ist revolutionär und macht die Altersvorsorge für die Sparer attraktiv, weil sie renditestärker anlegen können“, so Richter. Der GDV hebt in seiner Stellungnahme hervor, dass Versicherte in der Rentenphase künftig 20 % der angesparten Summe in chancenreichere Anlagen wie Aktien anlegen können. „Damit werden Renten möglich, die durchschnittlich 40 % höher sind als bei Riester. Das macht die Entscheidung für eine sichere und solide Rente noch attraktiver”, sagt Moritz Schumann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des GDV. Einen weiteren Pluspunkt sieht der Verband auch in der Möglichkeit, dass sich Versicherte in der Ansparphase künftig für Produkte mit einer Garantie von 80 % entscheiden können. „Es ist gut, dass die starre 100-%-Garantie endlich gelockert wird“, betont Schumann. „Das moderate Absenken auf 80 % ist ein guter Kompromiss aus Sicherheit und Rendite.“ Darüber hinaus findet es BVK-Präsident Michael H. Heinz positiv, dass die bestehenden fast 16 Millionen Riester-Sparer im neuen pAV-Reformgesetz einen Bestandsschutz haben und weiterhin in den Genuss der dann neuen und viel höheren Fördermöglichkeiten kommen. „Das ist ein gesetzgeberisches Signal für Vertrauensschutz, das wir ebenfalls begrüßen“, betont Heinz.
Kritik und Nachbesserungsbedarf
Gleichzeitig sehen die Verbände jedoch auch in einigen Punkten Korrekturbedarf. GDV und BVK kritisieren vor allem den vorgesehenen Wegfall einer verpflichtenden Leibrente und die Möglichkeit zu flexiblen Auszahlungsplänen bis zum 85. Lebensjahr ohne Restverrentungspflicht. „So wie die Reform gestaltet ist, bleibt die lebenslange Absicherung auf der Strecke: Altersvorsorge ist mehr als Vermögensaufbau. Die lebenslange Absicherung ist die Stärke der Lebensversicherung“, erklärt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. Diese Wahlfreiheit sieht auch der BVK skeptisch, da keine Absicherung des Langlebigkeitsrisikos erfolgen muss. Aus BVK-Sicht sollte daher zwingend eine vorherige Beratung erfolgen, um sicherzustellen, dass die monatlichen Fixkosten im Alter auch dauerhaft abgesichert werden und die Verbraucher vor Grundsicherungsbedarf im hohen Alter geschützt werden. Zudem bemängeln GDV und BVK, dass auch Einzelaktien ins Altersvorsorgedepot aufgenommen werden sollen. Schließlich können hohe Verluste drohen, wenn Anleger auf die falschen Aktien setzen. Darüber hinaus könnte die geplante Reform finanzielle Nachteile für Familien und Alleinerziehende mit sich bringen. „Unsere Berechnungen zeigen, dass diese Zielgruppen mit der neuen Förderung deutlich weniger profitieren könnten als bislang. Hier muss nachgebessert werden, um eine faire und zuverlässige Altersvorsorge für alle zu ermöglichen“, fordert Schumann vom GDV.
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