Protektionismus: Tariff Man

15.08.2019

Markus Richert, CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln / Foto: © Portfolio Concept

Beobachter sprachen von einem „Mini-Crash“

Die neue Verschärfung des Streits wirkte sich auch auf die Finanzmärkte aus. Die Kurse an der Wall Street gaben nach und verzeichneten zu Börsenschluss die größten Verluste des Jahres. Alle wichtigen US-Indizes verloren deutlich. Beobachter sprachen schon von einem „Mini-Crash“. Auch der Dax geriet kräftig unter Druck und verlor alleine am Montag 1,8 Prozent. Denn der Yuan-Kurs bewegt sich nicht gänzlich frei nach Marktkräften, sondern wird von Chinas Notenbank in Grenzen gesteuert. Grundsätzlich legt die Zentralbank täglich einen Mittelkurs fest, um den der Yuan in Grenzen, zwei Prozent nach oben oder nach unten, schwanken darf. Bei der Festlegung des Mittelkurses orientiert sich die Notenbank aber an der vorherigen Marktentwicklung. Faktisch handelt sich also um ein Mischverfahren. Dies wirft bei jeder Marktbewegung die Frage auf, inwieweit die Kursbewegung durch die Marktteilnehmer oder durch die Notenbank zustande kam. Ein schwächerer Yuan begünstigt chinesische Exporte und mildert die Folgen von Strafzöllen ab. Ein Dollar-Kurs von 7,40 Yuan würde die Beeinträchtigung der chinesischen Konjunktur durch die US-Strafzölle komplett ausgleichen.

Ist Trump selber schuld an der Abwertung?

Natürlich wies die chinesische Notenbank den Vorwurf der Manipulation vehement zurück. Unabhängige Beobachter weisen auch darauf hin, dass Trump an der Schwäche des Yuan nicht ganz unschuldig ist. Denn eine über Zölle erzeugte Schwächung der amerikanischen Nachfrage nach chinesischen Waren übt auch Druck auf die chinesische Währung aus. Die chinesische Notenbank braucht daher den Wechselkurs nicht unbedingt künstlich nach unten zu treiben, sondern muss zunächst nur die von den Vereinigten Staaten erzeugte Abwertung zulassen. Vermutlich hat auch der selbst ernannte „Tariff Man“ seinen Beitrag zur Abwertung der chinesischen Währung geleistet. Denn an einer zu starken Abwertung kann auch China nicht interessiert sein. Diese kann eine Kapitalflucht auslösen, die den Abwärtstrend der Währung dann verstärkt. Eine solche Abwärtsspirale ist auch für die chinesische Notenbank schwer zu kontrollieren. Außerdem werden Importe nach China teurer.

China ist auch der größte Gläubiger der USA

China hat durch diesen Schritt unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass man bereit und auch in der Lage ist sich wirkungsvoll zu wehren. Es bleibt zu hoffen, dass diese Botschaft bei dem selbsternannten Superhelden im Weißen Haus ankommt und verstanden wird. Schließlich ist China auch der größte Gläubiger der USA. Der Wert von US-Staatsanleihen in chinesischen Händen wird auf über eine Billion Dollar geschätzt. Ein Verkauf könnte die USA zusätzlich unter Druck setzen. Der von Trump losgetretene Zollstreit schwächt bereits die gesamte Weltwirtschaft. Sollte das Ganze in einem globalen Währungskonflikt enden, wären die Folgen unabsehbar. Handelskriege sind „gut und leicht zu gewinnen“ tönte es vor 1,5 Jahren aus dem Weißen Haus. Vermutlich doch nicht ganz so einfach wie sich der „Hobby-Ökonom“ das vorgestellt hat. Im nächsten Jahr will Donald Trump von seinen Wählern wiedergewählt werden. Eine Börse im Krisenmodus könnte dieses Ziel vereiteln. Die Hoffnung ist nicht unbegründet, dass es deshalb bei diesem kurzen Schlagabtausch bleibt und vielleicht bald doch eine Lösung gefunden wird. Die ersten Optimisten nutzten die Schwächephase bereits aus, der Dax startete positiv in den Dienstag.

Kolumne von Markus Richert, CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln