Paradoxer US-Aktienmarkt

16.10.2017

Lukas Daalder, Chief Investment Officer von Robeco Investment Solutions / Foto: © Robeco

Länger arbeiten für weniger S&P 500-„Einheiten"

Eine weniger orthodoxe, aber dennoch interessante Methode, die von Bank of America Merrill Lynch entwickelt wurde, basiert auf der Überlegung: Wie viele Stunden muss der US-Durchschnittsbürger arbeiten, um eine „Einheit" des S&P 500 zu kaufen? Am Tiefpunkt des Aktienkurseinbruchs von 2009 waren es 40 Stunden. Heute sind es mit 113 Stunden, dem höchsten bisher gemessenen Wert, fast drei Mal so viele. „Sogar auf dem Höhepunkt der Dot-Com-Blase musste man nicht so lange für eine Einheit des S&P 500 arbeiten", gibt Daalder zu bedenken. „Das ist vielleicht keine fundierte Bewertungsmethode. Sie streicht aber die zunehmende Divergenz zwischen Arbeit und Kapital in den letzten Jahren heraus. Die Schlussfolgerung ist einfach: US-Aktien sind teuer. Der Haken an der Sache: Sollte es eine Korrektur an den Aktienmärkten geben, sind Anleger, die US-Aktien besitzen, wahrscheinlich besser dran, weil Letztere bei einer Verkaufswelle gewöhnlich weniger an Wert verlieren als Aktien aus anderen Regionen." Selbst bei Ereignissen wie den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und der Subprime-Krise, welche die USA eigentlich stärker hätten treffen sollen als Europa, erlitten europäische Aktien die größeren Kursverluste.

Deshalb ist es laut Daalder bei einer generellen Verkaufswelle an den Aktienmärkten wahrscheinlich besser, US-Aktien zu besitzen als europäische. „Solche Überlegungen führen zu einem seltsamen Ergebnis: US-Aktien sind zwar teuer, und ihnen steht möglicherweise eine Korrektur bevor. Wenn es aber dazu kommt, ist es am besten, in den USA investiert zu sein!", fasst der Robeco-Experte zusammen.

Grund zur Beunruhigung?

Nach Daalders Überzeugung lautet die entscheidende Frage für Anleger jetzt, ob die Überbewertung der US-Aktienmärkte in absehbarer Zukunft zur größten Sorge für die Börsen werden wird. „Wenn man sich den Markt ansieht, ist die Antwort offenbar ein ziemlich klares Nein. Vielleicht ist dies die unbeliebteste Rally der Geschichte. Dennoch dauert sie bis zum heutigen Tag an. Das Bewertungsniveau mag gegenwärtig zu hoch sein, was aber für sich genommen nie ein gutes Argument für den Verkauf von Aktien ist."

Dass negative Nachrichten in Bezug auf Nordkorea nur vorübergehend zu fallenden Kursen geführt haben, ist für Daalder ein klarer Hinweis, dass das Momentum stark ist und kurzzeitige Kursrückgänge bis auf Weiteres vor allem als günstige Kaufgelegenheiten angesehen werden. Das Bewertungsniveau ist für sich genommen selten ein Grund für eine Korrektur am Aktienmarkt. In der Regel braucht es dafür einen Schock, der eine solche Korrektur auslöst.

Folge für die aktuelle Portfolioallokation

Diese Überlegungen spiegeln sich in der Portfoliostrukturierung von Robeco Investment Solutions wider. „Die beste Vorgehensweise in einem solchen Marktumfeld ist eine Übergewichtung von Aktien. Allerdings sollte man für den Fall, dass es schließlich doch zu einer Korrektur kommt, eine enge Stop-Loss-Order setzen", empfiehlt Daalder.

Marktkommentar von Lukas Daalder, Chief Investment Officer bei Robeco Investment Solutions